Ätherische Öle in Hautpflege schwächen die Hautbarriere
Ätherische Öle und Hautbarriere
Dieser Aspekt wurde in dem Buch „Essential Oil Safety“ stiefmütterlich behandelt. Für mich ist es jedoch ein entscheidender Grund dafür, ätherische Öle in Pflegeprodukten möglichst zu meiden. Ätherische Öle haben kleine Molekülgröße, welche problemlos in die Dermis und anschließend ins Blut gelangen können, und zwar über drei Wege:
- (a) zwischen den Zellen,
- (b) durch die Zellen,
- c) durch Haarfollikel.
Nicht nur gelangen Bestandteile von ätherischen Ölen relativ schnell und einfach in die Dermis, sondern sie können auch den Transport von anderen Stoffen (auch Medikamenten!) verstärken. Dazu gehört u.a. Limonen, welches wir bereits im Kontext der Oxidierung von ätherischen Ölen vor einer Woche näher kennen gelernt haben.
Eigentlich könnte man jetzt annehmen, dass es eher zu begrüßen ist, wenn die Überlieferung von anderen Inhaltsstoffen in die Haut durch Bestandteile von ätherischen Ölen vereinfacht werden kann.
Das Problem liegt aber darin, dass dadurch die Integrität der Hautbarriere – konkreter: der epidermalen Lipidbarriere – gestört wird.
Warum?
Ätherische Öle vermischen sich mit hauteigenen Lipiden, welche die Hautbarriere zusammenhalten und den Wasserverlust verhindern.
Hierdurch wird die Hautbarriere hydrophiler und der Zusammenhalt der Hautbarriere geschwächt (<- meine Übersetzung des Zitates: „In simple terms, essential oils mix with skin lipids, reduce their barrier function by making them slightly more hydrophile.“ (Essential Oil Safety, S. 45) (Ähnliches könnt Ihr etwa hier und hier und Quelle 1 (s. unten), S. 176 nachlesen.)
Das hat mit einer Hautallergie zwar nichts zu tun und den Einfluss merkt man auch nicht sofort; diese Art der Wirkung von ätherischen Ölen auf der Haut ist jedoch zweifelsohne hoch unerwünscht.
Vielmehr sollte das Gegenteil angestrebt werden: unsere Hautpflege sollte dazu dienen, die Hautbarriere möglichst wasserfest aufrechtzuerhalten.
Negativer Einfluss von ätherischen Ölen auf die Hautbarriere
Studien, die sich mit Terpenen als Penetrationsverstärkern (aufgrund der Interaktion mit hauteigenen Lipiden) auseinandersetzen, bestätigen die degenerierende Wirkung von Terpenen auf die Lipidschicht von stratum corneum. Dabei handelt es sich u.a. um folgende Terpene (die üblichen Verdächtige):
- Farnesol
- Limonen
- Linalool
- Geraniol
- Menthol
Hautschäden durch ätherische Öle in Hautpflege
Kann man Hautschäden durch ätherische Öle in Hautpflege rückgängig machen?
Einige Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Schäden, die durch ätherische Öle in unserer Hautbarriere entstanden sind, reversibel sind (Quellen: hier, hier, aber auch Quelle 1 und Quelle 2, S. 373).
Allerdings beziehen sie sich dabei hauptsächlich auf Studien von Brian Barry (dem Begründer der „Lipid-Protein-Partitioning Theory of Skin Penetration Enhancement“).
Barry schrieb in 1991 jedoch, dass die Irreversibilität auf der Tatsache basiert, dass nach dem Abwaschen von Terpenen die Haut in den ursprünglichen Zustand zurückkehrt (Quelle).
Die Irreversibilität bezieht sich somit nur auf abwaschbare Pflegeprodukte!
Auch nehmen die Studien bezug auf eine gesunde Haut, die auch nach einer Behandlung mit harschen Tensiden relativ schnell in den ursprünglichen Zustand zurück kehrt. Eine Haut mit beschädigter Hautbarriere braucht dafür sehr viel länger!
Frage an Euch: Wollen wir Schädigungen unserer Hautbarriere in Kauf nehmen, wenn es Hautpflegeprodukte auch ohne ätherische Öle auf dem Markt gibt?
Die Blogreihe zu allergenen Duftstoffen
Damit sind wir fast ans Ende unserer Reihe zu Duftstoffen in Pflegepräparaten gelangen. Es ist durchaus möglich, dass ich bei dem Überblick über diverse Studien etwas übersehen habe. Falls Ihr fundiertes Wissen zu dieser Thematik habt, bitte ich um Rückmeldungen in den Kommentaren mit der Angabe von Quellen. Sobald ich etwas Neues zu dem Thema gefunden habe, werde ich den Text schrittweise ergänzen.
In dem letzten, siebten Beitrag aus dieser Blogreihe erwartet Euch eine ausführliche Liste mit reizenden Duftstoffen in Pflegeprodukten. 🙂
Bis dahin haltet die Ohren steif!
Eure Pia
Quellen
Quelle 1: Pandit/Aqil/Sultana (2015): Terpenes and Essential Oils as Skin Penetration Enhancers (Kapitel 11), in: Dragicevic/Maibach: “Precutaneous Penetration Enhancers Chemical Methods in Penetration Enhancement”, San Francisco
Quelle 2: Ma, Joseph/Hadzija, Boka (2013): „Basic Physical Pharmacy“, Burlington MA
Duftstoffe in Hautpflege – Blogreihe / Übersicht
- Einführung – Erinnerung an einige Fakten, die wir in den oben erwähnten Beiträgen bereits zusammengefasst haben (heute)
- Duftstoffe und Kontaktdermatitis
- Duftstoffe und Photoallergie
- Duftstoffe und Phototoxizität
- Duftstoffe und Oxidation
- Duftstoffe und Hautbarriere (heute)
- Abschluß: Liste von allergenen und phototoxischen Duftstoffen
Wie stehst du zu Duftstoffen wie zum Beispiel in Rosenwasser?
Die Frage nach dem Langzeiteffekt der Schwächung der Barriere habe ich mir auch schon oft gestellt, aber noch nie eine für mich befriedigende Antwort darauf gefunden. Auch Seren stehen ja im Verdacht, die Integrität zumindest zeitweise zu stören (leider habe ich da keine Quellen parat gerade, also zitiere mich bitte nicht) und daher besser und tiefer zu wirken.
Die gleiche Diskussion ist ja auch um den Alkohol entbrannt.
Persönlich habe ich mich dafür entschieden, auch Alkohol und ätherische Öle zu verwenden. Mich ärgert nur, wenn gerade bei ätherischen Ölen die „Natürlich ist besser“-Schiene kommt, denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, wie Du hier wieder schön darlegst.
Sich bewusst für Produkte zu entscheiden, ist etwas anderes, alles der Werbung zu folgen. Falls dich Alkohol und Duftstoffe nicht stören, ist das okay. Viele wissen aber nicht besser und denken, dass „natürlich“ besser ist und für „empfindliche Haut“ einfach mal stimmt… Da bin ich ganz bei dir. Das ärgert sehr!
Ich hätte nie gedacht, dass der Verzicht auf Duftstoffe und Alkohol alleine solch einen riesen Effekt auf meine Haut haben könnte! Meine Haut ist zwar weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Hätte ich das nur mal früher gewusst!
Liebe Saskia, sorry für die so späte Rückmeldung! 🙁 Dein Kommentar hat mich sehr gefreut. Hast Du auf dem Belog neulich auch über Pflege berichtet? Ich muss wohl schauen gehen… Liebste Grüße, Pia
Wie schlimm ist denn Parfum wenn es der einzige Duftstoff ist und ca. in der Mitte der Incis zu finden ist? LG
Parfum, das nicht auf allergenen Duftstoffen bassiert, ist für unempfindliche Haut in der Regel gut verträglich. „In der Mitte der INCI-Liste“ bedeutet nicht viel – hinterher können nämlich Inhaltsstoffe positioniert werden, die sehr gering konzentriert sind. Deine Nase sagt Dir am besten, ob es in diesem konkreten Fall „zu viel“ ist.