Was ist allergische Kontaktdermatitis?
Bevor wir zum Thema: allergische Kontaktdermatitis kommen, soll zunächst eine Frage geklärt werden, was überhaupt eine Dermatitis ist.
Was ist eine Dermatitis?
Dermatitis ist ein Oberbegriff für diverse Hauterkrankungen, in denen es zu einer entzündlichen Hautreaktion kommt. Die häufigsten Typen von entzündlichen Hautkrankheiten sind:
- atopische Dermatitis und
- Kontaktdermatitis.
Atopische Dermatitis, auch als Neurodermitis bekannt, bezieht sich auf eine genetisch bedingte Überreaktion des Körpers auf externe und interne Faktoren (psychischer Stress!). Die beeinträchtigte Barrierefunktion der Hornschicht und Veränderungen im Immunsystem führen zu Entzündungen und einem teilweise starken Juckreiz der Haut.
Allergische Reaktionen auf Inhaltsstoffe in Pflegeprodukten kommen bei Menschen mit atopischer Dermatitis oft vor. (Quelle 1)
Kontaktdermatitis (Definition s. weiter unten) hat unterschiedliche Formen. In unserer Blogreihe zu Duftstoffen in Hautpflege werden wir insbesondere über zwei Varianten von Kontaktdermatitis diskutieren:
- Allergische Kontaktdermatitis
- Photo-Kontaktdermatitis. Dabei weist Photo-Kontaktdermatitis ebenfalls zwei Sonderformen auf:
Graphisch könnten die (ausgewählten) Formen von Dermatitis wie auf dem unteren Bild zu sehen dargestellt werden (in Anlehnung an Essential Oil Safety, S. 70).
Was ist eine allergische Kontaktdermatitis?
Heute werden wir uns mit der allergischen Kontaktdermatitis beschäftigen (Synonyme: Kontaktallergie, Kontaktekzem).
„Die Kontaktallergie ist eine Volkskrankheit: Epikutantestergebnisse zeigen, dass 15–20% der Allgemeinbevölkerung gegen mindestens eines der häufigen Kontaktallergene sensibilisiert sind. Manifest an allergischen Kontaktekzemen erkranken mindestens 1-mal in ihrem Leben (Lebenszeitprävalenz) etwa 8% der erwachsenen Bevölkerung und 5,6% der Kinder und Jugendlichen.“ (Schnuch/Mahler 2015, hier; s. auch hier)
„In Mitteleuropa dürfte die Gesamtprävalenz für eine Sensibilisierung gegen mindestens eines der routinemäßig getesteten Allergene bei 15-20% liegen.“ (Quelle 2, S. 94) Dabei ist Nickel als der am häufigsten auftretende Allergieauslöser führend. Die zweithäufigste Hautallergie ist die Duftstoffallergie. Sie betrifft ca. 15 Millionen EU-Europäer, darunter eine halbe Million Deutsche ( s. Einführung).
In 1999 wurde in Deutschland ein Test durchgeführt, in dem Menschen mit Verdacht auf eine allergische Kontaktdermatitis mit eigenen Pflegeprodukten getestet wurden. Bei 30-45% der Betroffenen waren für die Hautreaktion Duftstoffe verantwortlich (Quelle 2, S. 97).
Der Unterschied zwischen Irritation und Allergie
Häufig liest man von Unverträglichkeiten in Bezug auf ein Pflegepräparat. Man sagt: „Meine Haut hat es nicht vertragen“. Gemeint kann damit Folgendes sein:
1) Irritation (irritatives Kontaktekzem) – eine überempfindliche Reaktion der Haut auf einen Wirkstoff. Dabei wird die Haut zwar irritiert; das Abwehrsystem wird jedoch nicht mobilisiert. Sobald der Reizstoff abgesetzt wird, ist die Irritation vorbei.
2) Allergie (allergisches Kontaktekzem | allergische Kontaktdermatitis | Kontaktallergie) – eine immunologisch induzierte Reaktion; d.h. der Organismus erkennt einen Stoff als Fremdkörper und aktiviert Abwehrzellen, was wiederum eine Hautentzündung hervorruft. Der Allergie geht eine Phase der sog. Sensibilisierung voraus, in der die Haut mehrfach in Kontakt mit einem Allergen kommt (Quelle 2, S. 91). (Mehr zu dem Mechanismus der Entstehung einer Kontaktallergie könnt Ihr bei Interesse auf Deutsch in der Quelle 3, S. 214-218, nachlesen.)
Eine Allergie gegenüber einem Duftstoff besteht lebenslang!
Interessant anzumerken ist dabei Folgendes: “Ein Mechanismus der Aktivierung des natürlichen Immunsystems durch Kontaktallergene ist die Freisetzung von reaktiven Sauerstoff (ROS).” (Quelle 3, S. 216). Sprich: Kontaktallergene produzieren freie Radikale, die unsere Haut äußerst negativ beeinflussen (mehr dazu s. hier). Unter anderem wird in diesem Prozess das extrazelluläre Matrixmolekül Hyaluronsäure oxidativ degradiert (sprich: zerstört).
Was begünstigt die Entstehung einer Kontaktdermatitis?
Bevor eine allergische Kontaktdermatitis ausgelöst wird, kommt die Haut zunächst mehrfach mit dem Allergen in Verbindung. Dennoch reagiert nicht jede Haut auf allergieauslösende Substanzen, wie etwa Duftstoffe. Die äußerst spannenden Fragen lauteten also:
- Wer ist besonders von einer allergischen Kontaktdermatitis betroffen?
- Was begünstigt die Entstehung eines Kontaktekzems?
Was begünstigt die Entstehung allergischer Kontaktdermatitis
Die Entstehung einer Kontaktdermatitis wird durch folgende Faktoren begünstigt
- Konzentration des Allergens: Je höher konzentriert das Allergen in einem Pflegeprodukt ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Allergie. (In Essential Oil Safety nachzulesen: „skin reactivity to an allergen is highly concentration-dependent...“, S. 72, „… increasing concentration of an allergen result in increasing incidence of sensitisation“, S. 78).
- Dauer des Kontaktes mit dem Allergen: Produkte mit einem Allergen, die auf der Haut verbleiben, bergen ein höheres Risiko als diejenigen, die abgewaschen werden.
- Regelmäßigkeit / Häufigkeit des Aussetzens gegenüber einem Allergen: Wiederholtes Aussetzen derselben allergenen Substanz erhöht das Risiko einer unerwünschten Hautreaktion. (In Essential Oil Safety nachzulesen:„Repeated exposure to the same substance over time is widely considered to increase the risk of adverse reaction“, S. 72).
- der Grad der Reaktivität zwischen dem Allergen und dem eigenen Immunsystem – je schwächer das Immunsystem, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Allergie.
- Status von Antioxidantien – über je weniger Antioxidantien ein Körper verfügt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Allergie. Hier wird auf Glutathione hingewiesen, das der Hautempfindlichkeit gegenüber UV-Strahlen vorzubeugen hilft.
- Vorhandensein einer Hautkrankheit wie Dermatitis (welcher Art auch immer), Rosacea, Neurodermitis aber auch einer empfindlichen Haut. In solchen Fällen ist die Hautbarriere bereits geschwächt. Eine mangelnde Integrität der Hautbarriere erhöht zusätzlich das Risiko einer noch stärkeren Penetration von Reizstoffen. In allen Typen von Hauterkrankungen sollten ätherische Öle und reizende Pflanzenstoffe mit Vorsicht verwendet werden, da hier die Gefahr für eine Hautreaktion erhöht ist. (In Essential Oil Safety nachzulesen: „In any type of skin disease, essential oils should be applied with caution, as there is an increased risk of skin reaction“, S. 65)
- Psychologischer Stress: Stress reduziert die Integrität der Hautbarriere, weil Produktion von Glucocorticoiden erhöht ist. Zugleich verstärkt Stress die Haut-Sensibilisierung, weil das Immunsystem nicht fehlerfrei funktioniert.
- Okklusion: Okklusion verstärkt Penetration von Substanzen, darunter potenziellen Allergenen (mehr zur Okklusion s. hier) (In Essential Oil Safety nachzulesen, S. 43 und 65).
- Alter: Kontaktdermatitis betrifft meist Menschen zwischen 20 und 70 Lebensjahr (die Wahrscheinlichkeit steigt mit dem dem Alter).
- Gender: Frauen leiden häufiger unter allergischen Reaktionen auf Duftstoffe als Männer (hierbei handelt es sich um keine genetische Bedingung; eher verwenden Frauen insgesamt mehr Pflege- und Kosmetikprodukte und sind häufiger Duftstoffen ausgesetzt).
Daraus ergibt sich klare Erklärung dafür, warum einige von uns auf Reizstoffe stark reagieren und andere diese anscheinend gar nicht zu merken scheinen:
- Wir haben unterschiedliche genetische Prädispositionen,
- verwenden unterschiedliche Pflegeprodukte,
- und unterschiedliche Pflegegewohnheiten.
- Wir sind einem unterschiedlich starken Stressniveau ausgesetzt,
- haben unterschiedlich starke/schwache Hautbarriere,
- unterschiedlichen AOX-Status, etc.
Kurz: Menschen haben eine individuelle Reizschwelle, die unter anderem aus den obigen Faktoren resultiert!
Was Deine Haut reizt, kann meine Haut kalt lassen.
Wie wird eine allergische Kontaktdermatitis nachgewiesen?
Eine allergische Kontaktdermatitis wird bei Allergologen anhand eines sog. Patch-Tests bzw. Epikutantests festgestellt. Grob gesagt: Auf Euren Rücken werden Streifen mit einzelnen Allergenen aufgebracht und hierdurch eine allergische Reaktion provoziert. Das Resultat, ob man mit einer allergischen Entzündung zu tun hat, steht nach etwa 48 (bis 72) Stunden fest (mehr zu dem Verfahren könnt Ihr etwa hier nachlesen). Im Falle einer Kontaktallergie reagiert das körpereigene Abwehrsystem auf Testsubstanzen mit Rötung, Schwellung, Schuppung, Juckreiz oder Bläschen.
Steht eine Duftstoffallergie unter Verdacht, werden beim Epikutantest zwei Duftstoff-Mixe verwendet (Quellen hier und hier).
Das Duftstoff-Mix I enthält folgende Substanzen:
- α-Amyl-Zimtaldehyd (alpha amyl cinnamal)
- Eugenol
- Geraniol
- Hydroxycitronellal
- Isoeugenol
- Zimtaldehyd (cinnamal /cinnamic aldehyde)
- Zimtalkohol (cinnamyl alcohol /cinnamic alcohol)
- Eichenmoos-Extrakt (evernia prunastri)
Das Duftstoff-Mix II besteht aus folgenden Inhaltsstoffen:
- Citral
- Citronellol
- Cumarin
- Farnesol
- α-Hexylzimtaldehyd (alpha-hexyl-cinnamal)
- Hydroxyisohexyl 3-cyclohexene carboxaldehyde (HICC) / Lyral
Allerdings weißen Allergologen darauf hin, dass es sinnvoll wäre, neben den etablierten Duftstoff-Mixen auch weitere Testsubstanzen einzuführen. Denn die beiden Duftstoff-Mixe fangen angeblich nur ca. 50% von Duftstoffallergien auf! Dies stellen etwa Autoren des Buches “Diagnostik der Duftstoffallergie” (2015) fest und fordern eine Erweiterung der Testung um weitere Einzelstoffe. Sie schreiben:
„Zu den häufig sensibilisierenden Duftstoffen gehören neben den 14 in den beiden Duftstoff-Mixen enthaltenen Komponenten:
- Baummoos (Evernia furfuracea)
- Ylang-ylang (I + II)-Öl (Cananga odorata)
- Lemongrasöl (Cymbopogon schoenanthus)
- Sandelholzöl (Santalum album)
- Jasmin absolut (Jasminum spp.)
Zu den etwas weniger häufig sensibilisierenden Duftstoffen gehören:
- Nelkenöl (eugenia caryophyllus)
- Zedernholzöl (cedrus atlantica/deodara, juniperus virginiana)
- Pomeranzenblütenöl (citrus aurantium amara flower oil)
- Salicylaldehyd
- Narcissus absolut (Narcissus spp.)
- Patchouliöl (Pogostemon cablin).“
(Dazu auch Quelle 2, S. 96 und Quelle 4)
Die Autoren von dem Buch Essential Oil Safety (S. 80 u. 84) verweisen auf ein besonders hohes Allergiepotenzial von:
- Ylang-Ylang (cananga odorata)
- Lemongras (cymbopogon) und
- Teebaumöl (tea tree)
Kontaktdermatitis und Patch-Test – Pro und Contra
Falls Eure Haut immer wieder auf Pflege- und Kosmetikprodukte mit Rötungen, Juckreiz etc. reagiert, empfiehlt sich ein Gang zum Allergologen. Denn die einzige Möglichkeit, einer allergischen Hautreaktionen vorzubeugen, ist es, das Allergen (bzw. die Allergene) vollkommen zu meiden.
Besteht bereits eine Allergie gegen einen Inhaltsstoff, gilt das Folgende: Je häufiger man einem Allergen ausgesetzt wird, desto schwerwiegender werden dessen Konsequenzen.Ein vollständiges Meiden kann wiederum logischerweise nur dann erfolgen, wenn man weiß, wogegen man allergisch reagiert. Ein Patch-Test ist allerdings auch nicht vollkommen risikofrei. Neulich wurde darauf hingewiesen, dass ein Patch-Test selbst die Ursache von Allergie sein kann (Quelle). Da dies derzeit die einzige Testmöglichkeit gegen Duftstoffe ist, muss man das Risiko abwägen und es unbedingt mit einem Arzt konsultieren.
Welche Duftstoffe haben ein Allergiepotenzial?
Leider können wir die Frage noch nicht beantworten. Diese Aufgabe ist nämlich viel schwieriger zu bewältigen als man es annehmen mag. Die von vielen, insbesondere in Deutschland, als die Hautbezugsquelle angenommene EU-Festlegung von „anerkannten Allergenen“stößt nämlich auf Kritik aus Expertengremien (hier findet Ihr eine Tabelle mit den 26 anerkannten allergenen Duftstoffen).
Erst im letzten Beitrag aus der Blogreihe zu Duftstoffen werden wir uns die wichtigsten Stimmen in diesem Positionsstreit anhören und versuchen, daraus Konsequenzen für unser Pflegeverhalten zu ziehen. Das heißt also: Wir werden uns bemühen, die „tatsächlichen“ potenziellen allergenen Duftstoffe zu identifizieren. Seid Ihr darauf gespannt? Das hoffe ich doch! Bis wir jedoch dazu kommen, werden noch weitere wichtige Aspekte in Bezug auf Duftstoffe in Pflege diskutiert: deren Phototoxizität, photoallergisches Potenzial, Tendenz zur Oxidation und Schwächung unserer Hautbarriere.
Eine Frage an Euch: Hat jemand von den LeserInnen eine Kontaktallergie? Ließ jemand bereits einen Patch-Test machen und könnte uns bitte darüber erzählen? Das wäre prima, danke!
Eure Pia
Duftstoffe in Hautpflege – Blogreihe | Übersicht
- Einführung – Erinnerung an einige Fakten, die wir in den oben erwähnten Beiträgen bereits zusammengefasst haben (heute)
- Duftstoffe und Kontaktdermatitis
- Duftstoffe und Photoallergie
- Duftstoffe und Phototoxizität
- Duftstoffe und Oxidation
- Duftstoffe und Hautbarriere
- Abschluß: Liste von allergenen und phototoxischen Duftstoffen
Quellenangaben
Quelle 1: W. Weyers: „Entzündliche Dermatosen mit Spongiose“ (2003) in: Helmut Kerl/Claus Garbe/Lorenzo Cerroni/Helmut Wolff: „Histopathologie der Haut“ (Kapitel 7), Berlin-Heidelberg
Quelle 2: Wolfgang Mücke/Christa Lehmen (2010): „Duft und Geruch: Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen“, ecoMed Medizin
Quelle 3: Schäkel, K./Enk, A.H. (2016): „Besonderheiten von Haptenen und Allergenen bei Spättypreaktionen“, in: Tilo Biedermann/Werner Heppt/Harald Renz/Martin Röcken: „Allergologie“, Berlin-Heidelberg
Quelle 4: Janetta Bensouilah/Philippa Buck (2006): „Aromadermatology: Aromatherapy in the Treatment and Care of Common Skin Conditions“, Oxford
Liebe Pia!
Auch hier nochmal danke für deine Duftstoffreihe!
Wie gesagt geht die Hautärztin von einem Ekzem wegen einer allergischen kontaktdermatitis aus. Komisch ist, dass ich meine Pflegeroutine gar nicht verändert hatte und diese ja vollkommen reizfrei ist….
Ein Patchtest vor 2-3 Jahren hat gar nichts ergeben, der Allergietest im Allgemeinen nur eine Histaminunverträglichkeit. Ich bin immer noch der meinung, dass mein geschwächtes Immunsystem das ganze triggert. Seit zwei Tagen nehme ich Antibiotika, weil auf meine dauerverkühlung mit nur einem Abstand von einer Woche eine neue Sinusitis dazugekommen ist… Ich bin schon sooooo frustriert :/
Vielleicht ist es eine ganz gute Idee, erstmal alles wegzulassen. es ärgert mich nur, dass ein Bestandteil der zusammengemischten Creme der Ärztin Alkohol enthält (Ultrasic)… Mal schaune, ich will es einfach mal versuchen…
:* ulli ks