Seit einigen Tagen trudeln aus aller Richtungen Fragen in meine E-Mail Box, die sich auf den Schutzwert von Purito’s Centella Unscented Sunscreen beziehen. Ja, von dem „Purito-Skandal“ habe ich gehört und ja, Alternativen zu der Sonnencreme gäbe es auch.
Fangen wir aber von vorne an:u
Der Centella Unscented Sunscreen des koreanischen Hautpflegeherstellers Purito gehörte bis vor Kurzem zu den beliebtesten Sonnenschutzprodukten weltweit. Dies verdankte die Sonnencreme
- zum einen einer sehr leichten und angenehmen Konsistenz,
- zum anderen einer reizarmen, parfümfreien Formulierung mit modernen UV-Filtern,
- zum dritten einem hohen UV-Schutz von UVB 50+ und UVA von mindestens 16,
- zum vierten einem günstigen Preis.
Und weißeln tat die Purito Sonnencreme ebenfalls nicht.
Doch immer mehr Menschen stellten in Frage, ob eine Sonnencreme, die lediglich zwei UV-Schutzfilter enthält und deren Gesamtformulierung keine besonders hohe Menge UV-Schutz boostenden Inhaltsstoffe aufweist, tatsächlich einen solch hohen UV-Schutz anbieten kann. Diese Bedenken hat die Online Plattform INCI Decoder zum Anlass genommen und ließ, nach Eigenangaben, Produktmuster von dem Centella Unscented Sunscreen von Purito in zwei europäischen Laboren testen.
Die Samples wurden anschließend ein Mal in vitro und zwei Mal in vivo getestet Die Ergebnisse liegen inzwischen vor.
- Laut dem in vitro Test aus Warschau kam der UVB-Wert auf 16 und der UVA-PF auf 9.
- Der in vivo Test aus Warschau nach dem ISO 2444 Standard ergab einen UVB-Wert von 19 (getestet wurden zehn Personen).
- Der in vivo Test aus Deutschland (Lab wurde nicht genannt) nach dem ISO 2444 Standard ergab ebenfalls einen UVB-Wert von 19 (getestet wurden fünf Personen).
Aus den erneuten Messungen resultiert somit, dass der UVB-Wert (SPF) des Centella Unscented Sunscreen von Purito bei ca. 19, während der UVA-Wert bei neun läge.
Purito-Gate – die Beweislage
Das könnte man ruhig als schockierend einstufen, wenn nicht die Tatsache, dass die Ergebnisse nicht genug aussagekräftig sind.
Ausgerechnet die Formularfelder, aus welchen der Produktname resultierte, wurden auf den Testdokumenten auf der INCI Decoder Homepage geschwärzt (s. obige Links). Zwar könnte man annehmen, dass an die Messlaboren (logischerweise?) anonymisierte Produktmuster geschickt wurden. Dem ist aber offenbar nicht so, denn die Dokumente gaben klar an, dass die in einem Plastikbehälter gelieferten Muster mit einem Produktnamen versehen wurden.
Zwar befindet sich auf dem Labordokument zugleich die Zusammensetzung des Samples, die dem Centella Unscented Sunscreen von Purito entspricht. Diese wurde dem Labor jedoch von dem „Client“ – also INCIDecoder oder dem „Sponsor“ – mitgeliefert.
Während die zwei Messergebnisse aus den polnischen Laboren in ganzen Länge (d.h. das gesamte Dokument) auf der Homepage von INCI Decoder publiziert wurden, wurde aus den deutschen Laborunterlagen unkohärenterweise nur die Tabelle mit Messwerten veröffentlicht (d.h. ein Ausschnitt).
Sollte es sich bei den Musterproben tatsächlich um den Centella Unscented Sunscreen gehandelt haben, blieben weiterhin sehr wichtige Variablen offen, die das Messergebnis weitgehend hätten beeinflussen können: Um welche Batch handelte es sich? Wie war das Ablaufdatum der Sonnencreme zum Zeitpunkt der Messung? Wie wurde das Sample entnommen, verpackt und transportiert (zumal der Transport teilweise im Sommer erfolgte), etc.?
Kurz: Die auf INCI Decoder veröffentlichten Dokumente stellen keine Beweise dafür dar, dass in den genannten Laboren überhaupt Centella Unscented Sunscreen von Purito getestet wurde.Doch warum sollte es anders sein, fragt Ihr? Darüber möchte ich nicht spekulieren. Als jemand, der jahrelang in der Wissenschaft bzw. Forschung gearbeitet hat, stelle ich anhand der Daten, die mir heute (9.12.20) vorliegen bzw. öffentlich zugänglich sind, lediglich fest, dass wir mit keiner „Beweislage“ zu tun haben und somit abwarten müssen, wie die Antwort von Purito ausfallen wird.
Purito hat nämlich Produktmuster von seinem Sonnenschutz inzwischen ebenfalls zu einer erneuten Messung geschickt. Das Ergebnis wird derzeit abgewartet. In der Zwischenzeit wurden sowohl der Centella Unscented Sunscreen als auch die andere populäre Sonnencreme von Purito – Comfy Water Sun Block SPF50+ PA++++ – aus dem Verkauf herausgenommen.
Schockierend ist für mich somit nicht, dass derzeit über einen gravierenden Unterschied zwischen dem von Purito ausgelobten UV-Schutzwert und der im Auftrag von INCI Decoder (bzw. einem Sponsor) gegebenen Nachmessungen berichtet wird. Schockierend finde ich vielmehr, dass so viele Menschen auf diese fehlende Beweise so unreflektiert eingesprungen sind.
Mehr noch: Aufgrund von im Internet veröffentlichten Dokumenten, aus welchen nichts resultiert, wurden so weitgehende Schlüsse gezogen, dass die koreanischen Sonnenschutzprodukte für Manche inzwischen in toto nur noch in den Müll gehören und dass man insgesamt keinem ausgelobten UV-Schutzwert mehr Glauben schenken darf.
Dies hat mit Beweisen und Logik nichts zu tun, sondern zeigt vielmehr, wie emotional, unkritisch und unreflektiert Menschen reagieren können. Ich gebe das nur zu Bedenken, weil durch solche Massenreaktionen in Social Media sehr schnell die Reputation von Personen und ganzen Unternehmen zerstört werden kann.
Sonnenschutz ist Krebsschutz
Dennoch ist die Lage nicht unproblematisch bzw. darf aufgrund fehlender Beweise nicht als irrelevant eingestuft werden. Denn ein Sonnenschutz stellt schließlich nicht in erster Linie ein Antiaging bzw. Anti-Pigmentflecken-Mittel dar, sondern ist hauptsächlich als Präventionsmittel gegen Hautkrebs zu verstehen. Die auf der Verpackung ausgelobten Schutzwerte sollten somit möglichst der Realität entsprechen, damit die Haut verlässlich geschützt werden kann. Ob man im Falle eines Hautkrebs einen zuverlässigen SPF von 50+ oder von lediglich 19 aufträgt, macht somit einen gewaltigen Unterschied.
Inzwischen gibt es etliche Fälle, in denen Differenzen in der Messung der schützenden Wirkung nachgewiesen wurden. Schauen wir uns diese kurz an und kommen dann anschließend zur Frage, wie solche Unterschiede überhaupt zu Stande kommen können?
Messung von Sonnenschutz – Fehlangaben
Sollte sich herausstellen, dass wir tatsächlich mit einer „Purito-Gate“ zu tun haben, wäre das kein erster und kein Einzelfall. Im letzten Jahr hat die spanische Verbraucherschutzzentrale bekannt gegeben, dass die Schutzwirkung des ISDIN Sonnenschutzsprays Fotoprotector Pediatrics Transparent Spray SPF 50+ (für Kinder bestimmt, übrigens) nicht auf den ausgelobten SPF kommt: Anstatt des angegebenen SPF50+ hat ein unabhängiges Labor einen UVB-Wert von… 15 nachgemessen (hier 1). ISIDN hat als Antwort zwar ein Ergebnis weiterer Messungen nachgeliefert, welche die ursprünglichen Schutzwerte bestätigten; dennoch wurde das Produkt in 2019 schließlich aus dem Markt genommen.
Auch andere Fälle von Differenzen zwischen Herstellerangaben und Fakten, was die Schutzwirkung von Sonnenschutzmitteln anbelangt, kamen inzwischen zum Vorschein. Vor einiger Zeit publizierte etwa die australische Konsumentenschutzorganisation Choice (2) ein Testergebnis von sechs Sonnenschutzmitteln mit jeweils SPF50+. Nur zwei davon haben die ausgelobten Schutzwerte erreicht.
Das neuseeländische Counterpart – Consumer – gab hingegen an, dass in den jährlich durchgeführten Messungen von jeweils 20 UV-Schutzpräparaten nur drei bis elf auf den ausgelobten Wert kommen.
Sehr große Unterschiede zwischen angegebenen und nachgemessenen Schutzwerten wurden außerdem im Falle eines amerikanischen Sonnenschutzherstellers Banana Boat festgestellt. Getestet wurden 18 Sonnensprays mit dem jeweils behaupteten SPF von 50+. Die Labortestung ergab hingegen Lichschutzwerte von lediglich elf bis 18:

Gründe für Messunterschiede beim Sonnenschutz
International anerkannte Messmethoden von UV-Schutzwerten
Wie können diese Differenzen erklärt werden? Das ist besonders erstaunlich als die Bemessungsmethoden von Sonnenschutzpräparaten inzwischen weitgehend standardisiert sind.
Seit etlichen Jahren arbeiten diverse Konsumenten- und Regulierungsorganisation daran, eine einheitliche, weltweit geltende Messmethode für Sonnenschutzwerte herauszuarbeiten. Doch die heutige Lage ist keineswegs unübersichtlich. Lediglich ein paar Messmethoden gelten als international anerkannt:
- drei international anerkannte Messmethoden für den UVB-Schutz (alle in vivo) (ISO Norm 24444 (seit 2019 mit zusätzlichen Qualitätsmaßnahmen), FDA Test Method und Australian/New Zealand Standard Test Method AS/NZS 2604:12)
- drei international anerkannte Messmethoden für den UVA-Schutz in vivo (ISO 24442, Guideline of the Japan Cosmetic Industry Association, Measurement Standards for UVA Protection Efficacy, Korean Method)
- drei international anerkannte Messmethoden für den UVA-Schutz in vitro (ISO 24443, Boots, Australian/New Zealand Standard AS/NZS 2604:12)
Darüber haben wir ausführlich bereits in diesem Beitrag zur UVA-Messung diskutiert.
Gründe für die divergierende Schutzwerte
Dennoch muss man den Sonnenschutzherstellern nicht unbedingt einen schlechten Willen, bewusste Täuschung oder sonst welche böse Absichten zuschreiben. Zu Differenzen zwischen angegebenen und nach der Produktion erneut getesteten Schutzwerten von UV-Schutzpräparaten kann auf unterschiedliche Art und Weise kommen:
Nicht auszuschließen ist etwa, dass es zu Differenzen zwischen Musterproben, die noch während der Produktionsphase getestet wurden, und fertigen Produkten kommen kann. Hier kann nicht zuletzt eine Interaktion zwischen der Formulierung und der Verpackung auftreten. Ändern könnte sich die schützende Wirkung außerdem durch jahrelange bzw. unangebrachte Lagerung von Sonnencremes. Darüber hinaus sind die Messmethoden zwar standardisiert, doch für die Bestimmung des SPF (Lichtschutzfaktors, UVB) derzeit nur in vivo Testmethoden zugelassen sind. Das heißt, dass die Testung von Menschen an Menschen erfolgt. Und auf beiden Seiten können Fehler auftreten – die Labormitarbeiter können falsche Felder auf den Rücken der Probanden bestrahlen, vorgesehene Bestrahlungszeiten nicht einhalten oder das Radiometer nicht richtig bedienen, etc. Die Probanden können wiederum durch Bewegungen eine Fehlbestrahlung verursachen und Vieles mehr. Bei einem in vivo Test (d.h. beim Produktauftrag an „echter“ Menschenhaut) können in das Endergebnis nicht zuletzt der angewendete Druck und die Handbewegungen fließen, mit welchen ein UV-Schutzmittel aufgetragen wurde. Ferner unterscheiden sich Messlabore weltweit in ihren Qualitätsansprüchen. Hier stellte sich etwa die Frage, wie oft eine Kalibrierung und Nachjustierung der Bestrahlungslampen bzw. Messgeräte (Radiometer) erfolgt. Diese wird wiederum von einem technischen Support – also Drittleistung – vorgenommen, die nicht unbedingt ausnahmslos durch akkreditierte Prüflaboren erfolgt, etc.All diese Gründe könnten Unterschiede in den Messwerten von Sonnenschutzprodukten je nach Labor erklären.
Doch kann die Differenz zwischen Laborwerten so gravierend ausfallen, das sie hinsichtlich desselben Sonnenschutzproduktes mal einen Lichtschutz von 19 und mal einen von 60 zeigen? Das bezweifle ich.
Dennoch haben wir oben bei den Sonnensprays von Banana Boat genau dies gesehen, was eventuell auf eine weitere Ursache für derartige Unterschiede hindeutet.
Der Purito Fall ist derzeit, wie erwähnt, offen.
Trotzdem verstehe ich sehr gut, wenn die Kontroversen rund um den Centella Unscented Sunscreen von Purito bei vielen von Euch zu der Frage führt, wie man sich noch überhaupt auf die schützende Wirkung einer Sonnencreme verlassen kann?
Mein Ansatz wäre jedoch ein anderer: Ich würde eher fragen, wie man verlässliche Sonnencremes identifizieren kann?
Hier wären ein paar Vorschläge.
Wie findet man verlässliche Sonnencremes
Konzentration von UV-Filtern plus moderne Technologien
Ich muss zugestehen, dass eine nicht Wasser resistente Formulierung mit nur zwei UV-Filtern in relativ geringen Konzentration in der Purito Sonnencreme hätte auch bei mir Alarmglocken läuten müssen.
Zwar ist in modernen Hautpflegeprodukten die Gesamteinschätzung der Wirkung von Pflegepräparaten längst nicht mehr allein anhand derer Konzentration zu bewerten. Wichtig ist dabei zu wissen, wie die Wirkstoffe (hier UV-Filter) verpackt sind, in welchen Molekulargrößen sie eingesetzt wurden, mit welchen Hilfsstoffen bzw. Boostern sie in der Formulierung gepaart sind, auf welche Wege sie in die Haut gelangen, etc.
UV-Filter können somit je nach Formulierung bzw. Verpackung (Überlieferungssysteme) bei derselben Konzentration einen unterschiedlichen UV-Schutz ergeben. Daher sind die zwei bekannten Computersimulatoren zur Messung der UV-Schutzwirkung von Sonnenmitteln – DMS (in silico) und BASF (in vitro) – erst dann wirklich hilfreich, wenn man die Gesamtformulierung mitsamt jeweiligen Inhaltsstoffe-Konzentration eingeben kann.
Dennoch ist Purito kein etablierter Sonnenschutzhersteller, der mit modernsten Technologien arbeitet. Die Purito’s Sonnenschutzformulierung weist auch keine nennenswerte Anzahl bzw. Menge an UV-Schutz boostenden Substanzen. Die geringen Filter-Konzentrationen könnten somit das erste Signal dafür sein, dass der ausgelobte Schutzwert nicht unbedingt stimmen muss. Ein Gegenbeispiel liefert Neostrata mit dem getönten mineralischen Sheer Physical Protection von SPF50+ und UVA 19. Hier wurde die sog. Hollow Sphere Technology (Sunspheres von DOW, INCI: Styrene/Acrylates Copolymer) eingesetzt, welche die Schutzwirkung zusätzlich erhöht, selbst wenn die beiden mineralischen Filter lediglich bei 7% bzw. 6% liegen (Review zu Neostrata Sonnenschutz, hier).
Etablierte Sonnenschutzhersteller
Außerdem könnten wir ausschließlich auf bekannte Sonnenschutzhersteller setzen. Dafür zählen u. a. Bioderma, Avene, Daylong oder La Roche Posay (bitte, fügt unbedingt Eure Ergänzungen bzw. Vorschläge in den Kommentaren!). Hier finden wir nicht nur ein Mix an neuesten UV-Filtern, welche ein effizientes Netz an Schutzwirkung bieten, sondern auch den Einsatz von modernen Technologien. Diese verhelfen u.a. einer gleichmäßigen Verteilung der kleinen Partikeln auf der Haut und sorgen für deren hohe Haftung, sodass der Sonnenschutz auch nach etlichen Stunden weiterhin einen vernünftigen Schutz aufweist.
Müssen wir dabei nur auf europäische Hersteller setzen? Nein. Das oben erwähnte Beispiel von ISDIN – einer spanischen Firma – zeigt, dass auch in Europa durchgeführte Testung zu Unstimmigkeiten führen kann.
Dennoch empfehle ich vor allem bei Hauterkrankungen und hinsichtlich der Kinderhaut auf unbekannte Kosmetikfirmen, die außer dem Einsatz von UV-Filtern keine besondere Technologie bei der Herstellung von Sonnenschutzmitteln erwähnen, bei der Auswahl Eurer Sonnencremes zu verzichten. Dies betrifft vor allem Sonnenschutzprodukte, welche Eure Haut im Sommer bzw. im Urlaub schützen sollten. Da würde ich ausschließlich auf hard core UV-Schutzpräparate von etablierten Sonnenschutzherstellern setzen. Es gibt auch darunter welche, die kaum weißeln bzw. abrollen (mehr dazu weiter unten).
Wasser Resistenz und hoher UV-Schutz
Im letzten Jahr habe ich zur Länge der Wirkung von Sonnencremes je nach deren Wasserresistenz und der Höhe des UV-Schutzes recherchiert. Kaum überraschend stellte sich heraus, dass Wasser resistente Sonnenschutzpräparate mit einem höheren UV-Schutzfilter am längsten die Haut vor Sonnenbrand und Pigmentflecken schützen. Gründe und Studien dazu findet Ihr bei Interesse in diesem Beitrag: Wie lange wirkt eine Sonnencreme.
Zusammenfassend schlage ich folgendes vor:
Kinder, Menschen, die unter Hautkrankheiten leiden, welche unbedingt einen starken UV-Schutz benötigen, und welche ein Anti-Pigmentflecken-Pflegeprogramm bzw. Antiaging ernsthaft betreiben, sollten
- auf Wasser resistente Sonnenschutzmitteln,
- einen sehr hohen UV-Schutz
- und etablierte Herstellern setzen.
Hoffnung auf bessere Regulierungen
Schließlich gehe ich davon aus, dass die Kontroverse rund um den Purito Unscented Centella Sunscreen dazu führen wird, dass unabhängige Organisationen und individuelle Personen immer häufiger Samples von Sonnenschutz nachmessen lassen werden. Das wäre dann ein positives Resultat aus der sich abzeichnenden Vertrauenskrise in die Sonnenschutzwirkung. Wir werden womöglich immer öfter mit Unstimmigkeiten diesbezüglich erschüttert. Das wird jedoch zur Folge haben, dass die Messungen noch genauer vorgenommen und weitere Regelungen diesbezüglich verabschiedet werden. Insgesamt kann dadurch eine größere Zuverlässigkeit erwartet werden.
Alternativen zu Purito – Sonnencremes für den Winter
Ich weiß, dass viele von Euch den Centella Unscented Sunscreen als tägliche Sonnencreme sehr gemocht habt und dass Ihr nun – trotz der oben skizzierten fehlenden Beweise – das Vertrauen in die Produktwirkung verloren habt. Und Ihr fragt nach Alternativen…
Wie erwähnt, gehe ich selbst davon aus, dass die erneute Messung des Purito’s Sonnenschutzes doch einen geringeren UV-Wert als 50+ / PA++++ ergeben wird. Ob sich dieser als 19 oder 30 entpuppt, lässt sich nicht vorhersagen. Falls Ihr somit nicht mehr mit einem guten Gefühl den Centella Unscented Sunscreen verwenden möchtet, sollten wir uns Gedanken über Alternativen zu Purito machen.
Leichte Sonnencremes für den Winter (und Sommer)
Dear Klair s Soft Airy UV Essence (?)
Als erste Wahl galt für mich der Centella Unscented Sunscreen von Purito auch im Winter nie. Vielmehr setzte ich in den dunklen kurzen Wintertagen gerne auf die Dear Klairs Soft Airy UV Essence mit SPF50+ und PA ++++. Leider enthält die Sonnencreme von Klairs exakt dieselben zwei Filter wie die Purito’s Unscented Centella, nämlich Uvinul A Plus und Uvinul T, deren Konzentrationen sich von denen in der Purito’s Formulierung nicht besonders groß unterscheiden (etwas höher konzentriert dürfen die Filter bei Klairs dennoch ausfallen, wenngleich Purito wiederum den boostenden Butyloctyl Salicylate enthält, s. bei Skinci).
Wie bei Purito, so ist auch bei Klairs der Schutz im UVAII-Bereich unterrepräsentiert, was aus der Soft Airy UV Essence keine adequate Alternative zu Purito macht.
Ich gehe derzeit stark davon aus, dass die durchaus populäre Klairs Soft Airy UV Essence zu der nächsten Sonnencreme zählen wird, welche von mehr oder weniger unabhängigen Organisationen bzw. Einzelpersonen zu einem Labortest geschickt wird und dass wir womöglich bald mit einem „Klairs-Skandal“ konfrontiert werden. Interessanterweise werden derzeit nicht nur Sonnenschutzprodukte von Purito, sondern auch die von Klairs auf Yesstyle nicht angeboten.
Persönlich werde ich die Sonnencreme von Klairs in den kurzen dunkleren Jahreswochen weiterhin verwenden, da ich die leichte, nicht weißelnde Textur und die Kombination mit Niacinamid in dem Produkt mag und während der Verwendung keine neuen Pigmentflecken erfahren habe.
Eine Sonnencreme für den Sommer bzw. Urlaub ist Klairs jedoch nicht und war es auch nie. Meine ausführliche Review zu der Klairs Soft Airy UV Essence findet Ihr hier.
Mermaid Skin Gel Sunscreen SPF 50 von Canmake
Eine Purito und Klairs ähnliche Konsistenz weist die Mermaid Skin Gel Sonnencreme von Canmake auf (UVB50+ | PA++++). Hier findet man einen breiteren Spektrum an Sonnenschutzfiltern, wodurch alle UV-Bereiche abgedeckt sind:
- Octinoxat
- Titandioxid
- Uvinul A Plus
- Tinosorb S
- Zinkoxid
Der Mermaid Skin Gel Sunscreen von Canmake (japanischer Hersteller) ist nicht Wasser resistent und die Schutzwirkung wird somit nicht stundenlang intakt bestehen bleiben.
An längeren, wärmeren Tagen würde ich auf die Mermaid Sonnencreme keinesfalls setzen, es sei denn, Ihr schwitzt nicht vermehrt und tragt sie großzügig alle zwei Stunden auf. Ob der Sonnenschutz von Canmake bei einem erneuten Messergebnis auf dieselben Werte käme, weiß man nicht. Dennoch scheint der UV-Schutz verlässlicher zu sein als dies bei Purito und Klairs der Fall ist. Weitere Einzelheiten zu Mermaid von Canmake inkl. INCI-Liste findet Ihr hier auf Skincare Helper.
Mentholatum Skin Aqua UV Super Moisture Milk, SPF50+ von Rohto
Eine weitere Alternative zu Purito und Klairs wäre die Skin Aqua Milk von Rohto (ebenfalls japanischer Hersteller). Die Rohto’s Sonnencreme ist Wasser resistent und setzt sich aus drei Filtern zusammen, die das gesamte UV-Spektrum abdecken:
- Zinkoxid
- Octinoxat
- Uvinul A Plus
Die Sonnencreme habe ich im letzten Urlaub an der Ostsee getragen. Allerdings trug ich zugleich sehr oft einen Hut mit weiter Krempe – darüber habe ich Euch in diesem Beitrag zu meinen Sonnencremes im Urlaub berichtet. Dennoch konnte ich auf meiner Gesichtshaut, die eine extrem starke Tendenz zur Entwicklung von Melasma hat, keine neuen Pigmentflecken verzeichnen. Das rechne ich der Sonnencreme von Rohto zu.
Die Konsistenz der Skin Aqua Milk von Rohto erinnert an die von Euch mal geliebte Water Fusion Pediatrics von ISDIN (hier zu dem schlechten Performance nach der Umformulierung). Die Konsistenz ist milchig und braucht etwas mehr Zeit, um in die Haut einzuziehen, als dies bei cremigen Produkten der Fall ist. Die Rohto Sonnencreme hinterlässt allerdings keinen weißen Schleier und rollt nie ab. Die Haut glänzt anschließend, was nach dem Auftrag eines mattierenden Primers verschwindet. Ich verwende die Mentholatum Skin Aqua von Rohto inzwischen sowohl im Sommer als auch im Winter Einzelheiten & INCI findet Ihr hier
Sonnenfluid von Avene
Während weder Canmake noch Rohto als etablierte Sonnenschutzhersteller gelten, gehört Avene definitiv dazu. Seit Jahren begleitet mich das Sonnenfluid von Avene – entweder in einer getönten (parfümierten) oder ungetönten (parfümierten) Version. Im Winter zieht das Sonnenfluid von Avene in meine „normale“ Haut sofort ein. Es klebt nicht, rollt nie ab und das Tragegefühl ist äußerst angenehm. Zu diesem Sonnenschutzprodukt habe ich allerdings auf dem Blog bereits mehrfach geschrieben, daher verweise ich Euch bei Interesse gerne auf die entsprechende Beiträge: Sonnenfluid von Avene | Vergleich von drei Avene Sonnencremes | INCI & knappe Bewertung von Avene’s Sonnenfluid
Das Fluid von Avene ist Wasser resistent, der UVB-Schutz beträgt über 50 und der UVA-Schutz gegen 30.
Für mich ist das Sonnenfluid von Avene derzeit ein der besten Sonnenschutzprodukte auf dem Markt – die Bewertung „beste“ resultiert dabei aus einem Mix an Effizienz und Tragegefühl.
Sheer Physical Protection von Neostrata
Eine meiner Lieblingssonnencremes ist ebenfalls seit Jahren der getönte, mineralische Sonnenschutz von Neostrata. Darüber habe ich inzwischen ebenfalls mehrfach berichtet, nicht zuletzt in einer ausführlichen Review zu Neostrata hier (die Verpackung ist inzwischen orange-weiß). Laut Herstellerangaben beträgt der UVB-Schutz 60 und der UVA-Schutz über 19. Das ist zwar nicht der höchste UVA-Schutzwert, meine Pigmentflecken wurden dadurch im Sommer nicht dunkel. Daher verwende ich die Sonnencreme weiterhin und wenn ich in den Spiegel schaue, freue ich mich über das gleichmäßige, verschönerte Hautbild. Einzelheiten & INCI von Neostrata hier.
Ich hoffe, dass ich Ihr meine Argumentation in Bezug auf die Purito-Kontroverse nachvollziehen könnt. Über Eure Meinung dazu in den Kommentaren würde ich mich außerordentlich freuen!
Eure Pia
1) AEMPS retira los protectores solares denunciados por OCU, https://www.ocu.org, 16.10.2019
Liebe Pia,
jetzt naht der nächste Winter, da stellt sich für mich die Frage, ob Purito oder Klars wieder als Tagessonnencreme in Frage kommen. Im letzten Winter habe ich sie mit deiner Hautpflegeroutine eingeführt und sie waren hervorragend!
Weißt du, ob die Schutzwerte für Purito tatsächlich herunterkorrigiert werden mussten? Und wie das Ganze für Klairs aussieht?
Viele Grüße
Thomas
Ich habe mir an Black Friday drei Klairs UV Essences und eine Purito Centella zum Ausprobieren gekauft. Habe eine Weile überlegt, ob ich sie zurücksenden soll, da das insgesamt doch schon keine geringe Menge an Geld war für Produkte, die evtl nicht so performen, wie erwartet. Ich habe mich aber dagegen entschieden, weil ein LSF ja dennoch da ist und die Klairs UV Essence für mich auch eine gute Feuchtigkeitscreme im Winter ist. Im Sommer habe ich sie sowieso nie benutzt, da sie a) nicht wasserresistent ist, b) der (angebliche) UVA-Schutz von 22 mMn nicht hoch genug und c) meine Haut unter ihr schwitzt, wenn es zu warm ist. Ich werde meinen Gebrauch höchstens einschränken, z.B. an kalten, sonnigen Frühlingstagen noch ein wenig von einer zweiten Sonnencreme drüber layern.
peinlich ist doch, dass sich die ganze ach so wissene Beautyblogger Welt auf 2 Filter verlassen hat und zwar jahrelang und jetzt wird der Überbringer der schlechten Nachricht geköpft wie im alten Olympia. Unglaublich. Ich würde mir mal Gedanken über die Folgen machen. Am peinlichsten finde ich allerdings Menschen, die meinen, man sähe ja keine Folgen im Gesicht ?
Hm, so einfach ist es mit den zwei Filtern nicht, da die Menge in modernen Sonnenschutzprodukten inzwischen nicht mehr entscheidend ist. Folgen im Gesicht könnte man in diesem Fall tatsächlich sehen oder nicht: Nämlich Sonnenbrand und neue Pigmentflecken.
Was meinst Du, Silke, mit den Folgen? Welche Folgen kann die Geschichte haben?
Danke Dir herzlich für Deine Stimme!
Danke für den wie immer hochinformativen und sehr gut nachzuvollziehenden Beitrag zu dem Thema. Ich habe bisher wenig darüber gelegenen, weil ich Purito ohnehin nie verwendet habe und mich diese aufgeregten Diskussionen ohne wissenschaftlichen Verstand auf Instagram nur nerven. Ein kleiner empiristischer Beitrag: ich habe den ganzen Sommer die Skin Aqua von Rotho verwendet, auch in der prallen Sonne bei der Gartenarbeit ohne Hut, und die Schutzwirkung war sehr gut. Kein Sonnenbrand, keine Pigmentflecken, keine übertriebene Sonnenbräune, auch Schwitzen scheint sie standzuhalten (ich Creme nicht nach und bin im
Garten oft stundenlang draußen). Das ist natürlich nur begrenzt aussagekräftig, zumal ich nicht superhellhäutig bin und ohnehin nicht zu Pigmentflecken neige, aber mir persönlich gibt es das Gefühl, dass ich der Marke vertrauen kann und sie weiterhin benutzen möchte.
Auch wenn Deine empirische Beobachtung, wie Du sagst, „begrenzt aussagekräftig“ ist, finde ich es bemerkenswert, denn einen Sonnenbrand kriegt man oder eben nicht. Das kann man schon ziemlich gut sehen, wenngleich nicht unbedingt messen. Ich freue mich jedenfalls über Deinen Bericht, denn die Skin Aqua von Rohto verwende ich super gerne und werde es wahrscheinlich auch im nächsten Sommer tun.
Danke, Nina!
Pia
Liebe Pia,
auch wenn mir das Thema inzwischen fast schon zum Hals heraus hängt 😉 finde ich es super, dass Du diesen Artikel geschrieben hast – ich fand es sehr interessant, kompakt zum Thema Messungen zu lesen und welche Faktoren die Ergebnisse beeinflussen können. Über deine SPF-Empfehlungen bin ich auch sehr froh und werde die mir bei Bedarf noch mal genauer anschauen.
Zu der Sache selbst: Zuerst hat mich das Ergebnis auch ziemlich schockiert, gut dass es einige vernünftige Stimmen gab, die die Testergebnisse direkt auch kritisch hinterfragt haben (ich hätte allerdings ohnehin nicht meine ganzen SPF direkt weggeworfen). Mit Mutmaßungen über die Motivation der Auftraggeberin der Tests bin ich in der Öffentlichkeit vorsichtig, da kommen für mich allerdings so viele Faktoren zusammen, dass das für mich mal mindestens ein unprofessionelles bis fragwürdiges Licht auf die ganze Geschichte wirft. Dazu noch der Fakt, dass die Ergebnisse in den Äther geworfen werden und dann zwei Tage keinerlei Reaktion von Incidecoder kommt – die darauf folgenden Statements fand ich dann, gelinde gesagt, ziemlich schwach.
Die ganze „Kontroverse“ ist für mich zum einen ein Paradebeispiel dafür, wie man einen Shitstorm kreiert, zum anderen zeigt es genau die Problematik mangelnder Medienkompetenz auf: Leute lesen etwas, ohne die Quelle zu hinterfragen und dann wird das über weitere Kanäle (die sich alle weiterhin auf nur diese einzige Quelle beziehen) weiter verbreitet und aufgebauscht, vielleicht auch so weit, dass der Ursprung gar nicht mehr bekannt ist. Ich kann mir vorstellen dass auch wahnsinnig viele Menschen überhaupt nicht den dazugehörigen Blogartikel gelesen haben, sondern nur den meines Empfindens nach auch fast schon reißerisch konzipierten Insta-Post (in dem Purito übrigens nicht mal markiert wurde, möchte ich auch noch mal betonen).
Außerdem kann man daran gut beobachten, wie emotionsgeleitet das ganze Thema für viele Menschen ist, das zeigen sowohl die furchtbaren Kommentare auf der Insta-Page von Purito, als auch dass die Initiatorin hinter Incidecoder und G&G trotz der unangemessenen Vorgehensweise aufs Blut verteidigt wird.
Ich befürchte ja, dass egal, was bei den eigenen Tests von Purito rauskommt (auch wenn ich nicht mit einem wesentlich besseren Ergebnis rechne), dass die Rufschädigung mindestens für diese Firma, vielleicht auch für koreanische SPF oder auch die gesamte dortige Kosmetikindustrie erstmal enorm sein wird.
So, dafür, dass mich das Ganze so nervt, hab ich mich jetzt doch ganz schön ausgekäst! 😀 Ich bleibe weiter gespannt auf weitere Erkenntnisse und Schritte in der Sache – und hoffe natürlich, dass die Purito Cremes dann doch mindestens bei einem SPF 30 landen!
Liebe Dörtie, ich danke Dir herzlich für den längeren Kommentar, in dem wohl alles Wichtige gesagt wurde. Inzwischen sind die Emotionen, denke ich, auch nicht mehr so heiß und die Lage viel ruhiger.
Hast Du das Mermaid Gel von Canmake bereits getestet? Das wäre ein würdige Ersatz für Purito…
Ich grüße Dich herzlich und wünsche tolle Festtage!
Bis zum nächsten Lesen!
Pia