SK II LXP Ultimate Revival mit Pitera – eine Empfehlung?
SK-II ist eine japanische Kosmetikfirma, welche Pflegeprodukte mit einem Inhaltsstoff namens Pitera™ herstellt. Da Pitera™ – das „Geschenk der Natur“ und zugleich ein „Wunderinhaltsstoff“ – bereits in den 80er Jahren den Weg in die Pflegewelt fand, haben viele von Euch von dem Stoff bestimmt schon mal gehört.
Pitera in LXP Ultimate Revival von SK II
Die höchste Konzentration von Pitera unter den von SK-II Produkten enthält die „luxuriöse“ Pflegelinie namens LXP Ultimate Revival. Zu der Pflegeserie gehören vier Gesichtspflegemittel: eine Essence, ein Serum, eine Gesichtscreme und eine Augencreme. Das günstigste Produkt ist das Augenpräparat –SK-II LXP Ultimate Revival Eye Cream. Ein 15ml Tiegelchen kostet $195. Die teuerste ist hingegen die SK-II LXP Ultimate Revival Cream – eine Gesichtscreme, die man für $385 erwerben kann (50ml).
Wenn man alle vier Produkte der LXP Ultimate Revival Pflegelinie verwenden möchte, zahlt man auf Anhieb $1.210. Eine Stange Geld, huh?
Doch wofür genau sollte man eine so große Summe zahlen? Auf diese Frage liefert uns SK-II eine ganz exakte Antwort: Für eine „cristal clear skin„. Wofür bitte? Was ist denn eine kristallklare Haut, fragt Ihr? Eine Haut ohne Pickel? Oder vielleicht eine Haut ohne Hyperpigmentierung? Keine Sorge, das erfahren wir aus der Homepage von SK-II ebenfalls: Es geht nämlich um ein schönes, jugendliches, strahlendes Aussehen und um „maximum hydration, firmness and radiance in as few as three days“ (Quelle, Zugriff am 17.10.2018).
Wer bitteschön will innerhalb von drei Tagen (!) keine maximal befeuchtete, strahlende und festere Haut haben? Ihr auch? Na dann schauen wir uns mal das „Wundermittel“ Pitera genauer an.
Pitera laut SK-II
Was ist Pitera? Auf der Homepage von SK-II gibt es dazu eine spanende Geschichte: In den 70er Jahren haben SK-II Wissenschaftler eine Beobachtung gemacht, dass japanische Sake Brauer besonders schöne, jung aussehende Hände haben. Sie standen im Kontrast zu ihrer viel älter aussehenden Gesichtshaut.
Wie sieht also die Verbindung zwischen dem „Miracle Skincare Ingredient“ Pitera und dem Brauprozess von Sake aus?
SK-II Forscher haben sich den Brauprozess genau angeschaut und sind zum Entschluss gekommen, dass das Geheimnis der jung aussehenden Hände in der Hefe liegt, mit welcher die Brauer während des Fermentationsprozesses dauernd im Kontakt standen. Das ließ die Kosmetikfirma dazu inspirieren, einen Wunderstoff auf der Basis einer fermentierten und gefilterten Hefesorte zu entwickeln. Zu diesem Zweck haben sie in einem mühsamen Prozess 350 unterschiedliche Hefestämme analysiert.
Fünf Jahre später ist der „Wunder“ geboren worden – Pitera™.
Was ist Pitera?
Damit wissen wir allerdings weiterhin nicht, was Pitera eigentlich ist, oder? Hier kommt die Antwort: Pitera™ wird von SK-II als ein kosmetischer Inhaltsstoff bezeichnet. Es ist allerdings eine Kombination von „50 essentiellen Hautnährstoffen“. Das gefilterte Hefeferment setzt sich aus Vitaminen, Aminosäuren und Mineralien zusammen.
Das Gemisch erinnert, laut SK-II, an die hauteigenen Natürliche Feuchtigkeitsfaktoren ( Natural Moisturizing Factors (NMF),worüber wir bereits ausführlich in diesem Beitrag gesprochen haben).
Wie wirken SK-II Pflegeprodukte mit Pitera auf die Haut?
Laut SK-II soll Pitera dazu verhelfen, eine perfekte Haut in fünf Dimensionen zu erreichen:
- Reduktion von Falten
- Verbesserung der Hauttextur
- Hautstrahlung
- Hautstraffung
- Kontrolle von ungleichmäßiger Hautpigmentation.
Das kann Pitera erzielen, indem der Inhaltsstoff, laut dem Hersteller, tief in die Haut eindringt und diese fünf Schönheitsdimensionen zu einer „kristallklaren Realität“ vereint. Da haben wir es schon wieder!
Interessanterweise behauptet SK-II, dass Pitera seine Effektivität in all diesen fünf Schönheitsdimensionen wissenschaftlich bewiesen hat. Werden aber die Beweise dafür tatsächlich geliefert?
Nein. Es wird eine mysteriöse „Akita“ Studie genannt, in der die Haut von 100 Frauen 10 Jahre lang beobachtet und analysiert wurde. Leider gibt es keine öffentlich zugängliche Information darüber, wie die Studie konkret durchgeführt wurde. Was ein Youtube Video von SK-II zeigt, sind zwei Frauen, deren Haut nach einem Jahr der Verwendung von Produkten mit Pitera um 9-10 Jünger aussahen (Video – Nachtrag leider nicht mehr erhältlich). Ich werde immer skeptischer. Ihr?
Pitera in der Forschung
Also bietet uns SK-II, trotz stolzer Verkündung bewiesener Effektivität von Pitera, keine konkreten Forschungsergebnisse als Beweis dafür an.
Na dann machen wir uns doch selbst auf die Suche! Glücklicherweise wissen wir, welchen INCI-Namen der Wunderstoff Pitera hat, nämlich Galactomyces Ferment Filtrate.
Pitera is daher nichts anderes als der eingetragene Handelsname von Galactomyces Ferment Filtrate.
Nach dieser vielversprechenden Ankündigungen, was der Wunderstoff Pitera alles kann – und das bereits nach drei Tagen, wohl gemerkt –, könnten wir sicherlich eine Reihe von glaubwürdigen Studien erwarten, die nichts anderes als eine feste Beweislage dafür liefern.
Nichts da. Es gibt genau zwei Studien zum Einfluss von Galactomyces Ferment Filtrate auf die Haut. In beiden Fällen ist Procter & Gamble involviert, das SK-II besitzt und Exklusivrechte für die Verwendung des Handelsnamens Pitera hat (hier).
Schauen wir uns nun diese zwei Studien an:
Pitera und Akne
Die eine Studie stammt aus dem Jahre 2010 und wurde von vier Wissenschaftlern verfasst (1). Drei davon sind Mitarbeiter von Procter & Gamble. Weil die Studie auf japanisch verfasst und veröffentlicht wurde, habe ich nur Zugang zu der englischen Zusammenfassung. Generell wird dort behauptet, dass die Verwendung von Galactomyces Ferment Filtrate eine besonders gute Wirkung auf eine unreine Haut haben soll. So sollte der Inhaltsstoff
- den Sebumfluß in der Haut reduzieren
- erweiterte Poren „verkleinern
- die Haut gleichmäßiger erscheinen lassen.
Generell wird von einem positiven Einfluss von Galactomyces Ferment Filtrate auf eine unreine Haut ausgegangen.
Pitera als Antioxidans und Moisturizer
Die zweite Studie wurde fünf Jahre später veröffentlicht und teilweise von Procter & Gamble finanziert (2). Sie bezieht sich auch direkt auf den Einsatz von Pitera in Pflegeprodukten. Demnach soll der Wunderstoff auf folgende Art und Weise das Aussehen der Haut beeinflussen:
- Pitera trägt zu einer besseren Befeuchtung der Haut
- Pitera agiert als Antioxidans.
Dabei waren die Vorteile für die Haut von der Konzentration des Stoffes abhängig (die höchste Konzentration betrug 20%). Die Ergebnisse waren dabei sehr vorsichtig formuliert, nach dem Motto: Pitera „scheint“… und „könnte“….
Die dünne Forschungslage zu Pitera
Wissenschaftliche Forschung muss natürlich irgendwie finanziert werden. Und selbstverständlich haben Hersteller von bestimmten Pflegepräparaten bzw. Inhaltsstoffen ein vitales Interesse daran, ihre Behauptungen auf „Studien“ stützen zu können.
Daher geben sie solche auch in den Auftrag. Das muss keineswegs bedeuten, dass der Forschungsprozess und die Ergebnisse dadurch verzerrt sind. Doch alleine die Tatsache, dass der Hersteller hinterher steht, trägt in meinen Augen nicht gerade zu deren höchsten Glaubwürdigkeit bei, zumal die Anzahl der Studien zum Einsatz von Galactomyces Ferment Filtrate in Hautpflegeprodukten sehr mickrig ausfällt.
Wie seht Ihr das?
Pflegeprodukte mit Galactomyces Ferment Filtrate
Es ist erstaunlich, wie eine gute Werbung (mit Cate Blanchett als Markenbotschafterin) zum Verkauf von vergleichsweise extrem teuren Pflegeprodukten mit einem wenig überzeugten Background verhelfen kann. Die SK-II Facial Treatment Essence mit dem höchsten Konzentration an Pitera (um 90%) ist seit Jahrzehnten auf dem Mark und verkauft sich weiterhin sehr gut.
Glücklicherweise kann man einem Inhaltsstoff einen Handelsnamen geben, ihn aber urheberrechtlich nicht für sich beanspruchen. Daher sind einige koreanische und japanische Kosmetikfirmen auf den guten Ruf von Galactomyces Ferment Filtrate gesprungen. Mit Erfolg. Inzwischen findet man auf dem Markt extrem ähnlich, teilweise noch besser, zusammengesetzte Pflegeprodukte wie die SK-II Facial Treatment Essence.
Feuchtigkeitsspender mit Galactomyces Ferment Filtrate
Die Zusammensetzung der SK-II Facial Treatment Essence wird also seit einiger Zeit von anderen, meist asiatischen Firmen, fröhlich nachgeahmt. So kann man inzwischen geniale „Dupes“ der preisintensiven SK-II Essence kaufen, wovon einige sogar besser formuliert sind. Und das für den Bruch des Preises!
(75ml der SK-II Essence kosten $99. Für 330ml müsstet Ihr ca. $290 zahlen, hier).Zwei davon sind besonders empfehlenswert und in Europa einfach zu beziehen:
Dupes von SK-II Facial Treatment Essence
CosRX, Galactomyces 95 Tone Balancing Essence
Die Essence (eine Art vom Gesichtstoner) von CosRX enthält noch etwas mehr Galactomyces (95%) als die Essence von SK-II. Darüber hinaus wurden der Allrounder Niacinamid, hautbefeuchtende Hyaluronsäure, hautberuhigende Betaine und Panthenol sowie Allantoin beigefügt. Der Gesichtstoner enthält keine bedenklichen Inhaltsstoffe, ist reizarm und prima formuliert! 100ml kosten um 20€.
YesStyle – 18€ (Versandkostenfrei ab 32€, Online Shop with asiatischen Kosmetikmarken
Benton, Fermentation Essence
Die Essence von der anderen koreanischen Kosmetikfirma Benton enthält ebenfalls einen sehr hohen Anteil an Galactomyces Ferment Filtrate sowie einen anderen fermentierten Inhaltsstoff: Bifida Ferment Lysate. Zudem ist die Fermentation Essence von Benton mit vielen Feuchthaltemitteln ausgestattet. Darüber hinaus enthält die Gesichtspflege hauteigene Fette (Ceramide) sowie hautberuhigende und feuchtigkeitsspendende Betaine, Panthenol und Allantoin. Die Essence von Benton ist ebenfalls reizarm und sehr empfehlenswert. 100ml kosten zw. 17€ und 33,45€.
YesStyle – 17€ (Versandkostenfrei ab 32€, Online Shop with asiatischen Kosmetikmarken)
Weitere Alternativen zu Pitera
Zu weiteren reizarmen Pflegeprodukten mit einem hohen Anteil an Galactomyces Ferment Filtrate gehören etwa:
Secret Key, Starting Treatment Essence
YesStyle 19€ (Versandkostenfrei ab 32€, Online Shop with asiatischen Kosmetikmarken)
Manyo Factory, Galactomyces Niacin Special Treatment
L’élan, Vital Time Evolution Facial Treatment Essence
Tony Moly, Intense Care Galactomyces First Essence
Von den „Dupes“ von der SK-II Facial Treatment Essence habe ich mich für die Galactomyces 95 Whitening Power Essence von CosRX und die Fermentation Essence von Benton entschieden und werde sie beizeiten testen. Beide Gesichtsprodukte sind sehr gut formuliert und allein schon aufgrund der Beigabe zahlreicher Feuchtigkeitsspender, sowie im Falle von CosRX noch Niacinamide, als interessante Haut-Befeuchtungsmittel einzuschätzen. Die Gesichtspräparate könnte man solo auftragen oder mit jedem beliebigen Serum mischen (außer Säure). Sie können sich auf Dauer durchaus als treue Feuchtigkeitsbooster erweisen.
Galactomyces Ferment Filtrate, Pitera und unser Geldbeutel
Was wäre Euer Fazit aus der Geschichte über die Sake Brauer und Pitera? Mein ist, dass mir die Pflegeprodukte von SK-II das Geld in keinem Fall Wert sind. Der Inhaltsstoff muss nicht Pitera heißen, um Wunder am Gesicht vollbringen. Und ob ein Wunder auftritt, ist ebenfalls fraglich. Eine gute Hautbefeuchtung wäre allerdings zu erwarten.
Jedenfalls zeigt das Märchen über die Sake-Brauer und deren schöne Hände noch einmal, wie vorsichtig wir Werbung für Kosmetik und Hautpflege genießen sollten.
Eure Pia
Alles zum Hautmikrobiom, Probiotika und Postbiotika findet Ihr hier
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Quellen
1) Hattori, Kenji et al. (2010): Effects of Galactomyces Ferment Filtrate on Epidermal Barrier Marker Caspase-14 in Human Skin Cells, in: Journal of American Academy of Dermatology, Vol. 62, Issue 3, Supplement 1, Page AB54
(2) Takei K. et. al (2015): Galactomyces Fermentation Filtrate Prevents T Helper 2-mediated Reduction of Filaggrin in an Aryl Hydrocarbon Receptor-dependent Manner, in: Clinical and Experimental Dermatology, 40(7): 786-93
Hi,
nachdem ich heute ein enttäuschendes Review von Dr. Idriss Shereen zu diesem Thema auf Youtube gesehen habe, wollte ich doch mal wissen wie das ganze funktioniert und wie die NMF entstehen. Normalerweise hat sie super Inhalte, aber diesmal war der „scientific background“ mehr als unterirdisch.
Danke für diesen tollen Artikel, jetzt habe ich einen Anhaltspunkt für die weitere Recherche ?
Falls sich jemand noch mehr quälen möchte, es gibt auch eine Doktorarbeit dazu von 2018…
https://etd.ohiolink.edu/apexprod/rws_olink/r/1501/10?clear=10&p10_accession_num=ucin1511799237125245
ratet mal wer bei der Finanzierung beteiligt war ^^
„Von den “Dupes” von der SK-II Facial Treatment Essence habe ich mich für die Galactomyces 95 Whitening Power Essence von CosRX und die Fermentation Essence von Benton entschieden und werde sie beizeiten testen. “
Hallo, was kam beim Testen raus?
Die Flasche liegt zu Hause ungeöffnet. Vielleicht sollte sie heute Abend zum ersten Mal dran sein… Dann melde ich mich gerne noch einmal! 🙂
Und? Kam sie am Abend dran?
Jaaa! Inzwischen ist gut 1/3 der Flasche leer. Effekt? Bei mir selten feststellbar, da ich sowohl andere Aufheller als auch Feuchthaltemittel verwendet. Das Präparat ist sehr angenehm in der Verwendung – sehr leichtes, wässriges Gel, womit ich manchmal morgens und abends nach der Reinigung wie mit einem Toner über das Gesicht gehe. Die Substanz zieht schnell ein und ist nicht klebrig. Ideal zum Mischen mit Gesichtscremes oder Ölen. Als Feuchtigkeitsbooster sehr geeignet.