Milde Hautpflege für gesunde Hautbarriere
Bevor wir über parfümfreie Hautpflege sprechen, möchte ich kurz auf ein Buch eingehen. Vor einiger Zeit habe ich nämlich hier und auf Instagram das Profil einer kanadischen Dermatologin Sandy Skotnicky erwähnt. Neulich hat sie ein Buch namens „Beyond Soap“ veröffentlicht, dessen Inhalt ich Euch bald nahebringen werde. Es ist nämlich ein der Bücher, die unheimlich faszinierend sind – man liest, öffnet weit die Augen und denkt: Genau so!
Die Hauptaussagen des Buches lauten, dass die Anzahl von Menschen, die unter Ekzemen jeglicher Art leiden, geradezu explodiert.
Dies resultiert aus zumindest zwei Gründen:
Immer mehr Ekzeme
Auf der einen Seite übertreiben wir mit Hautreinigung, wodurch auch wertvolle Bakterien – unser Hautmikrobiom – entfernt werden.
Auf der anderen Seite ist Hautpflege nicht mild genug, weshalb die Haut tagtäglich unnötig gereizt wird. Als Folge wird die Hautbarriere schrittweise beschädigt, was unerwünschten Mikroorganismen Tür und Tor öffnet.Dies schien mir bislang ein unangefochtener Ansatz bzw. ein klarer Ergebnis dermatologischer Forschung zu sein: Die allerbeste Hautpflege ist jene, welche die Haut möglichst nicht irritiert.
Inhaltsstoffe, welche die Hautbarriere angreifen können, gehören in keine Gesichtscreme, möge sie sonst mit den aller effektivsten Wirkstoffen ausgestattet sein.
Einen ausführlichen Beitrag über empfindliche Haut – Ursachen und Behandlung – findet Ihr hier.
„We don’t need a fragrance-free society“
Heute stieß ich jedoch auf ein Interview mit einem deutschen Experten in Sachen Dermatologie und Allergologie – Prof. Dr. Torsten Zuberbier. Er ist Leiter und Sprecher des Allergie-Centrum-Charité – Standort Hautklinik und Leiter der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité Berlin.
Das Interview wurde durch das Magazin CosmeticsDesign Europe durchgeführt und mit dem Titel: “Allergist: ‚We don’t need a fragrance-free society'“ versehen („Allergologe: Wir brauchen keine parfümfreie Gesellschaft“). Datiert wurde der Text auf den 31. Oktober 2019.
Weiter unten findet Ihr Antworten von Herrn Zuberbier auf Fragen des CosmeticsDesign Magazins zum Thema parfümfreie Hautpflege.
Anschließend möchte ich mit Euch gerne darüber diskutieren, wie Ihr zu dem Thema Cremes ohne Duftstoffe und Parfüm steht.
Parfümfreie Hautpflege – eine Übertreibung?
Kontaktallergie – wie ernst ist die Lage wirklich?
Verharmlosung
Erstens stellt Dr. Zuberbier fest, dass Hautallergien (Kontaktallergien) weniger gefährlich sind als Allergien, welche etwa durch Ernährung zu stande kommen. Damit können wir einverstanden sein.
Danach fügt er jedoch hinzu, dass die Anzahl von Kontaktallergien nicht steigt, sondern eher das Gegenteil der Fall ist.
Volkskrankheit
Weil mir das gesamte Interview schon Einiges zum Denken gab, habe ich mir das Profil von Herrn Prof. Zuberbier angeschaut. Auf seiner persönlichen Internetseite (hier) steht im zweiten Satz folgendes: “Erkrankungen der Haut und Allergien sind ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft.“ Man wird verwirrt: Entweder sinkt das Problem oder es steigt? Beides geht’s zugleich nicht.
An dieser Stelle musste ich in meinen eigenen Blogbeitrag zu Hautallergien schauen, für den ich die Lage bereits in 2016 recherchiert habe. Und da steht ganz am Anfang ein Zitat von Herrn Prof. Schnuch, in Anlehnung auf Statistikdaten des Umweltbundesamtes (hier), von 2015:
“Die Kontaktallergie ist eine Volkskrankheit: Epikutantest-Ergebnisse zeigen, dass 15-20% der Allgemeinbevölkerung gegen mindestens eines der häufigen Kontaktallergene sensibilisiert sind. Manifest an allergischen Kontaktekzemen erkranken mindestens 1-mal in ihrem Leben (Lebenszeitprävalenz) etwa 8% der erwachsenen Bevölkerung und 5,6% der Kinder und Jugendlichen.” (Schnuch/Mahler 2015, hier; s. auch hier)
Nach Nikel sind es eben Duftstoffe, welche am zweithäufigsten zu einer Hautallergie führen. Duftstoffallergie betrifft ca. 15 Millionen EU-Europäer, darunter eine halbe Million Deutsche.
Herr Prof. Schnuch ist zur Erinnerung Facharzt für Dermatologie (Allergologie) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) an der Georg-August-Universität Göttingen.
Parfümierte Hautpflege – nicht empfehlenswert
In 2014 schrieben Mitarbeiter der Abteilung Dermatologie am Weill Cornell Medical College in New York in einer Fachzeitschrift Folgendes: „Die durch kosmetische Mittel verursachte allergische Kontaktdermatitis ist ein steigendes Problem, das durch eine kontinuierliche Einführung von neuer Kosmetik initiiert wird.“ (hier) (Zu Duftstoffallergie auch hier und hier)
Öffnet man außerdem die Internetseite der non-profit Organisation National Eczema Association, findet man die Anmerkung, dass parfümierte Produkte aus der Liste von empfehlenswerten Hautpflegemitteln für von Ekzemen betroffene Menschen ausgenommen wurden: “The National Eczema Association (NEA) no longer considers products that contain fragrance or perfume for inclusion in the Seal of Acceptance program. Products eligible for the NEA Seal of Acceptance are those that have been created or intended for use by persons with eczema or sensitive skin conditions.” (hier)
Duftstoffe und Kontaktallergien
Ferner ist allergische Kontaktdermatitis, einem Fachartikel von 2019 zufolge, eine zunehmend häufige Diagnose bei Kindern (hier). Das Duftstoff Mix (wozu u.a. Bestandteile von ätherischen Ölen gehören – eine Liste davon findet Ihr in diesem Beitrag) zeigte sich dabei als ein der am häufigsten auftretenden Allergenen (neben Methylchloroisothiazolinone/Methylisothiazolinone (MCI/MI) und Methylisothiazolinone (MI), Myroxylon pereirae, Nickel sulphate und Colophonium).
Kurz: Statistische Angaben dazu, ob das Phänomen von Kontaktallergien steigt oder nicht, habe ich nicht zu Hand. Hier würde ich mich allerdings, neben der oben erwähnten Texten, auf Frau Dr. Skotnicky beziehen (s. oben) und das Folgende behaupten:
Mit der wachsenden Anzahl von denen, die über empfindliche Haut klagen und unter Ekzemen bzw. generell einer beschädigten Hautbarriere und Dermatosen jeglicher Art leiden, steigt vermutlich auch die Kontaktdermatitis, weil diese im Falle einer beschädigten Haut häufiger auftritt.
Doch selbst, wenn diese Zahl statistisch gesehen senken würde, wäre ein Appell daran, auf Beduftung in Hautpflege nicht zu verzichten, tatsächlich als legitim und sinnvoll zu sehen?
Dazu werden wir in den weiter unten stehenden Punkten diskutieren.
Was ist Kontaktdermatitis?
Zuvor noch kurz zur begrifflichen Klärung:
Kontaktdermatitis kann unterschiedliche Formen aufweisen. Im Kontext von Hautpflege interessieren uns dabei insbesondere zwei Varianten von Kontaktdermatitis:
- Allergische Kontaktdermatitis
- Photo-Kontaktdermatitis.
Dabei lässt sich Photo-Kontaktdermatitis wiederum ebenfalls zweiteilen:
Heute beschäftigt uns allerdings insbesondere allergische Kontaktdermatitis (Synonym: Hautallergie).
Doch zurück zu dem Interview…
Große Kosmetikfirmen und reizarme Hautpflege
Zweitens stellt Dr. Zuberbier fest, dass sich die (Kosmetik)industrie im Klaren ist, dass Kontaktallergien als Reaktion auf Kosmetik auftreten können. Allerdings haben die großen Hersteller von Gesichtscremes, so der Experte weiter, gute Forschungsteams, wissenschaftliches Background und adäquate Risikoeinschätzung, so dass Allergien auf deren Kosmetika selten auftauchen.
“Industrie has become much more aware of the fact that contact allergies can occur and the big manufacturers of creams and cosmetics have very good research teams, scientific background and risk assessment knowledge, so rarely allergies to these cosmetics occur.”
An diese Stelle bin ich mir nicht sicher, worauf die Aussage basiert, dass Menschen auf Kosmetik von Großkonzernen keine Kontaktallergie entwickeln. Meine Beobachtung kann jedenfalls nicht bestätigen, dass sich große Kosmetikfirmen besondere Gedanken über die Entwicklung reizarmer Hautpflege und dekorativer Kosmetik machen. Gerade wenn man sich solche Firmen anschaut, wird einem von der Anzahl an allergenen Substanzen schwindelig.
Bieten solche Firmen wiederum Pflegeprodukte für atopische bzw. empfindliche Haut an, sind sie meist (paradoxerweise?) parfümfrei.
Ätherische Öle in Hautpflege zugelassen?
Drittens verweist Dr. Zuberbier darauf, dass die Europäische Kommission nur 26 Substanzen als Kontaktallergene in Hautpflege identifiziert hat. Viele davon können aber, so seine Argumentationsweise, in adäquaten Konzentrationen weiterhin verwendet werden. Dabei bezieht er sich explizit auf Isoeugenol: „Sogar Allergene, die in einer höheren Konzentration Hautallergien auslösen können, wie Isoeugenol, können in Kosmetika verwendet werden, wenn sie in einer niedrigen Konzentration eingesetzt werden. Dies ist etwas, was wir kommunizieren müssen.“
“Even allergens which can cause allergies at a higher concentration, like isoeugenol, may be used in cosmetics if they’re used at a low threshold concentration. This is something we need to communicate.”
Selbst wenn man bis dahin noch die Hoffnung hegen konnte, dass in dem Interview nicht von allergenen Duftstoffen, sondern teilweise reizarmen synthetischen Parfümstoffen die Rede ist, wird man spätestens an dieser Stelle enttäuscht.
Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial
Isoeugenol ist ein Duftstoff, Bestandteil von ätherischen Ölen, dem nicht nur seitens der EU, sondern auch von Allergologie- und Dermatologie-Experten ein sehr hohes Allergiepotenzial (+++) zugeschrieben wird! Die Kosmetikindustrie hat neulich empfohlen, die Einsatzmenge von Isoeugenol von 0,2% auf 0,02% herabzusetzen (in: Wolfgang Mücke/Christa Lehmen (2010): “Duft und Geruch: Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen”, ecomed-Medizin, S. 96). Die EU schlägt hingegen vor, dessen Konzentration in Hautcremes bereits ab 0,001% auf der Verpackung zu deklarieren.
An welche weitere Reduktion der Konzentration von Isoeugenol hat Herr Zuberbier gedacht hat, damit es „weniger allergen“ ausfällt, ist unklar.
Außerdem identifiziert die EU nicht nur 26 Duftstoffe als etablierte Allergene, sondern hat die Liste in 2012 auf 82 pflanzliche Extrakte und ätherische Öle erweitert. Hinzu kamen 74 weitere Substanzen, die eine Hautallergie auslösen könnten.
Eine komplette Liste aller als allergen eingestuften Substanzen in Hautpflege findet Ihr hier.
Unparfümierte Hautpflege ist übertrieben?
Viertens merkt Dr. Zuberbier an, dass es wichtig wäre, würde die (Kosmetik)Industrie chemische Stoffe mit einem niedrigen Allergiepotenzial entwickeln. Auch sollte genau an der Konzentration und Kennzeichnung von potenziellen Allergenen gearbeitet werden. Doch dann fügt er hinzu, dass Firmen inzwischen mit Bedenken übertreiben (“over do”). Das betrifft vor allem die Herstellung von parfümfreier Hautpflege (mehr dazu im Punkt fünf weiter unten).
Diese Aussage wirft ein paar Probleme auf:
Auf der einen Seite sind parfüm- und duftfreie Pflegeprodukte absolut empfehlenswert und der Trend zur Herstellung von Bodylotions und Gesichtscremes ohne Parfüm sollte von Fachgremien unterstützt werden. Denn – wie oben ausgeführt – gehören Bestandteile von Kosmetikbeduftung zu den am meisten reizenden und allergenen Inhaltsstoffen in Hautpflege.
Daher erscheint mir unverständlich, wie parfümfreie Kosmetik als Übertreibung der Kosmetikindustrie dargestellt werden kann.
Auf der anderen Seite muss man genau hinschauen, ob „parfümfrei“ tatsächlich „unbeduftet“ bedeutet. Denn als parfümfrei kann bereits eine Gesichtscreme bezeichnet werden, welche kein „tatsächliches“ Parfüm enthält.
Als Parfüm gelten allerdings geruchsmaskierende, duftende Bestandteile von ätherischen Ölen und Pflanzenextrakte (darunter viele Allergene) offiziell nicht.
Das heißt, dass eine „parfümfreie“ Gesichtscreme in der Realität intensiv beduftet sein kann.
Menschen verdienen parfümierte Hautpflege!
Fünftens begründet Dr. Zuberbier, warum wir keine Gesellschaft ohne Duftstoffe brauchen, folgendermaßen:
„Wir brauchen keine parfümfreie Gesellschaft, weil Parfüm den Menschen hilft, sich besser zu fühlen. Formulierungen von Hautcremes haben often einen eigenen Geruch, der nicht immer akzeptabel ist. Also brauchen wir etwas, was die Hautpflege zumindest akzeptabel macht – vorzugsweise aber etwas, was den Menschen Spaß macht, weil die Menschen das Leben genießen sollen und Allergiker auch ihr Leben genießen sollen.“
Unten nochmal wörtlich, damit hier kein Vorwurf einer falschen Interpretation kommt:
“We don’t need a fragrance-free society because fragrance help people feel better; they make products agreeable. Basic formulations of a cream often have an “own scent” which is not always pleasurable, so we need something to at least make it acceptable but preferably we need something which people enjoy because people should enjoy life and allergy sufferers should also enjoy their lives.”
Kurz: Auch Menschen mit einer empfindlichen Haut, Neurodermitis, Rosazea und Neigung zu Hautallergien bzw. Kontaktdermatitis verdienen Hautpflege, die schön riecht.
Parfümfrei als Bestrafung…
Es sieht so aus, als sollte duftfreie Kosmetik beinahe als eine Strafe für Konsumenten interpretiert werden, die ja mit einer angenehmen Beduftung der Hautpflege verwöhnt werden möchten. Das schreibe ich ohne jeglichen Sarkasmus. Vielmehr denke ich, denn Sinn und die Argumentationslogik von Dr. Zuberbier richtig verstanden zu haben. Zugegebenermaßen kommt mir eine solche Begründung von einem unangefochten Experten auf dem Bereich Dermatologie und Allergologie sehr überraschend vor.
Denn letztendlich geht es in dem Interview nicht um Hautpflege im Allgemeinen, sondern um Pflegepräparate für Menschen, die unter Hautallergien und Hauterkrankungen leiden und welche häufiger als Andere eine Kontaktallergie u.a. auf Duftstoffe in Pflegepräparaten entwickeln.
Und für diese Gruppe sollte unbedingt eine Hautpflege mit einem Minimum an Reizstoffen entwickelt werden.
Isoeugenol wie auch andere Allergene gehören ganz einfach nicht dazu!
Parfümfreie Hautpflege – brauchen wir es?
Was denkt Ihr zum Thema parfümfreie Gesichtscremes bzw. Kosmetik und Hautpflege im Allgemeinen? Sollten Kosmetikfirmen niedrig konzentrierte allergene Duftstoffe mit einbeziehen, damit unsere Cremes schön riechen können und das Wohlbefinden steigern?
Braucht Ihr Parfüm in Kosmetik? Die Polemik mit dem letzten, fünften Punkt würde ich nämlich lieber Euch überlassen.
Meine Meinung dazu steht fest: Nicht nur Hautallergiker, sondern alle Konsumenten verdienen Hautpflege ohne Parfüm. Wer Gesichtscremes mit Parfüm braucht, wird auf dem satinierten Kosmetikmarkt bestimmt etwas für sich finden. Doch alle anderen, die Parfüm in Kosmetik nicht benötigen, mögen oder vertragen, verdienen es, auch aus duftfreien Hautpflegeprodukten wählen zu können!
Duftstoffe in Hautpflege – Übersicht
Ansonsten möchte ich Euch noch einmal zum Lesen der Blogreihe zu Hautallergien, Kontaktdermatitis, Photoallergien, etc. einladen – ein Thema, das mir persönlich am Herzen liegt:
ALLES ÜBER DUFTSTOFFE IN HAUTPFLEGE – BLOGREIHE:
- Einführung – Erinnerung an einige Fakten, die wir in den oben erwähnten Beiträgen bereits zusammengefasst haben
- Duftstoffe und Kontaktdermatitis
- Duftstoffe und Photoallergie
- Duftstoffe und Phototoxizität
- Duftstoffe und Oxidation
- Abschluß: Liste von allergenen und phototoxischen Duftstoffen
Allergene Duftstoffe in Kosmetik – parfümfreie ist nicht immer duftstofffrei!
Ich bin da ganz bei Dir im Abschlusssatz: Wir verdienen es, die Wahl zu haben, denn für einige sind Parfumstoffe in Kosmetik hochproblematisch.
Allerdings denke ich, dass Menschen mit intakter Hautbarriere durchaus vollkommen problemlos parfumierte Kosmetik benutzen können. Die Aussage, dass auch gesunde Haut bei andauernder Exposition zwingend eine Allergie entwickelt, ist wissenschaftlich so nicht haltbar.
Die Entwicklung von Allergien ist ein vielschichtiger Prozess, in dem genetische Faktoren, Lebensumstände, aber eben auch Hautpflegegewohnheiten (das von Dir angesprochene Über-Reinigen zum Beispiel) alle zusammen wirken, es an einem Aspekt festzumachen ist (in positiver wie negativer Hinsicht) nicht möglich.
Ob die Anzahl der (vom Arzt) diagnostizierten Kontaktallergien gestiegen ist, kann ich so aus dem Stegreif auch nicht beantworten, oft ist es aber auch so, dass eine Erkrankung häufiger diagnostiziert wird, weil sie insgesamt, also unter Ärzten und Allgemeinbevölkerung, bekannter wird, ohne dass die tatsächliche Prävalenz steigt.
Insgesamt ist es ein komplexes und interessantes Thema, zu dem wir uns unsere eigene Meinung bilden sollten und, um das noch einmal aufzugreifen, bei dem wir die Wahl haben sollten.
Ich selbst, Arzt, aber kein Dermatologe, nutze mit gutem Gefühl parfümierte Hautpflege. Sehe ich einen Vorteil in der Beduftung, abgesehen von der Tatsache, dass einige Produkte ohne grauenhaft riechen würden? Nein. Wenn ich Aromatherapie machen möchte, nutze ich einen Diffusor.
Aber einen Nachteil sehe ich für mich, ohne Atopikerin zu sein und ohne geschwächte Hautbarriere, auch nicht.
Das Interview an sich habe ich ebenfalls gelesen und fand es nicht sehr gelungen, hier ist deutlich eine Expertenmeinung eher als ein Gremium zu Wort gekommen.
Liebe Anne,
ich freue mich immer, dass Du – Ärztin – unter meinen Beiträgen kommentierst. 🙂 Nein, zwingend entwickelt sich eine Allergie aus der Verwendung von allergenen Inhaltsstoffen nicht. Doch je häufiger man diese verwendet – und die Grundlage dazu vorhanden ist (die von Dir angesprochenen Aspekte, wie etwa genetische Veranlagung), desto wahrscheinlicher ist es, eine solche zu bekommen.
Darüber hinaus wächst die Tendenz zu Überreinigung (aufgrund der omnipräsenter Werbung zu Double Cleansing), zur Verwendung von allzu vielen Produkten, dessen häufigem Wechselt (andauernde Suche nach der Antiaging-Holy Grail), Ausprobieren jeder Pröbchen, etc. – sodass empfindliche Häute eher zur Regel als Ausnahme werden. Und wenn Menschen etliche Produkte pro Tag mit ätherischen Ölen und anderen potenziellen Reizstoffen verwenden – darunter Peelings –, wird das die Hautbarriere irgendwann nicht mitmachen wollen.
So sehe ich den heutigen Stand der Dinge.
Daher mein Plädoyer, auf Allergene zu verzichten, bevor sich eine Hautallergie entwickelt.
Ich grüße Dich herzlich, liebe Anne!
Pia
Liebe Pia, danke für den Beitrag! Sehr seltsames Interview, bei dem sich mir die Zielstellung nicht ganz erschließt… In Gesichtspflege mag ich absolut keine bedufteten Produkte! Das gibt mir persönlich ein eher schlechtes Gefühl, da ich weiß, dass es der Haut absolut keinen Mehrwert bringt. Im Gegenteil. Und häufig „stinken“ die für mein Emofinden. Auch bei der Körperpflege bin ich weitestgehend auf parfümfrei umgestiegen. Bei Duschgelen werd ich manchmal schwach, die bleiben aber auch nicht auf der Haut. 😉 Ich mag gute Düfte, keine Frage! Nutze dann aber lieber Aromaöle ect. zur Raumbeduftung oder ein gutes Parfüm- dass ich auf die Kleidung sprühe!
Liebe Mela, ja, Duschgele riechen bei mir im Bad gelegentlich auch schön! 🙂
Wahnsinn was da in dem Interview geschrieben wird. Das liest sich für mich nicht als wissenschaftlich-fundierter Artikel, sondern vielmehr als subjektive Meinung des Experten. Ich hab jahrelang riguros auf Duftstoffe verzichtet und jetzt stehe ich als Kosmetikerin vor einem nahezu unlösbaren Problem. Ich suche seit Monaten nach Marken, die meine Philosophie teilen, Duftstofffrei sind, einen hohen Wirkstoffanteil haben und leistbar sind. Und rate mal: da findet sich nichts. Mein Frust ist unglaublich groß und der Schock, dass es so gut wie keine professionelle Kosmetiklinie ohne Duftstoffe gibt, ist noch größer. Gerade als Kosmetikerin hat man die Verantwortung Kunden zu beraten und ihnen die besten Produkte zu empfehlen. Mir blutet ehrlich das Herz nachdem ich die Inci-Listen vieler Marken durchgegangen bin. Wie kann es sein, dass ich als Hautpflege Expertin Marken empfehlen ‚muss‘ die frei käuflich sind und die ich nicht verkaufen darf? Wie kann es sein, dass im Profibereich die Marken noch weit davon entfernt sind umzudenken und die over the counter Marken schon viel weiter sind und teilweise hochwertigere und vor allem reizarme Produkte zu einem fairen rausbringen?
Das zweite Problem ist, dass der Otto Normalverbraucher duftende Produkte unglaublich toll findet. In dem meisten Fällen führt der erste Weg nach dem Test am Handrücken direkt zur Nase. Begeisterung gibt es wenn das Produkt toll riecht. Auch das Wellnessargument eines Kosmetik Instituts lasse ich nicht gelten, denn man kann sich mit Duftkerzen und Aromalampen helfen. Fakt ist, dass die Gesellschaft einfach nicht aufgeklärt ist.
Danke, dass du nach so vielen Jahren immer noch mit Herzblut dahinter bist die Menschen zu diesen Themen aufzuklären. Ich kommentiere leider zu selten, aber ich lese immer brav mit und liebe deinen Blog nun schon so lange.
Alles Liebe aus Österreich,
Karin / Karinista / Silberstein Atelier
Meine Traum-Pflege wäre völlig geruchlos – ich mag keine Beduftungen, vor allem keine intensiven. Dass man unangenehme Eigengerüche der Bestandteile überdecken möchte, verstehe ich natürlich, denn unangenehm riechende Creme möchte ich ja auch nicht 😉 Trotzdem würde ich mir selbst unabhängig vom Irritationspotential mehr Zurückhaltung bei der Parfümierung von Pflegeprodukten wünschen!
Liebe Hana, danke für Deine Stimme! Ja, so sehe ich es auch!
Danke für deinen Beitrag! Ich bin Allergikerin, habe eine atopische und hatte eine periorale Dermatitis. Und das ist/war sicherlich kein Spaß! Deswegen gehe ich bei Kosmetikprodukten immer nach dem Motto „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ und meide jegliche parfümierte Kosmetik, selbst reizarm beduftete und die meiste Wirkstoffkosmetik, weil ich über die Jahre festgestellt habe, das meine Haut sonst einfach immer unruhiger oder entzündet wird. Ist zwar gerade als Hautpflegejunkie sehr langweilig, aber so geht es meiner Haut am besten. Wie man mit solchen „Empfehlungen“ um sich werfen kann, ist mir ein Rätsel. Sicher ist jede Haut individuell zu betrachten, aber meine Beobachtungen und Erfahrungen decken sich größtenteils mit denen aus meinem Bekanntenkreis und aus dem Internet. Mit solchen Aussagen kann man schon die Hautgesundheit anderer Menschen gefährden.
Hallo, ich möchte mich dem Gedankengang anschließen. Ich bin ebenfalls von atopischen Ekzem und perioraler Dermatitis und weiterhin von einer Duftstoffintoleranz betroffen. Selbst geringste Mengen Beduftung stellen einen Reiz und eine hohe Anforderung an den Körper dar. Nicht nur die atopische Reaktion der Haut, auch Kopfschmerzen und Atemprobleme. Deshalb achte ich peinlichst auf die INCI Listen.
Was dieser Experte von sich gibt, ist eine Verspottung aller Betroffenen.
Naja, man will denken, dass das Interview falsch übersetzt wurde, nicht richtig weiter gegeben wurde oder dass der Arzt einen schlechten Tag hatte…. Wie dem auch sei, sollte man nach parfüm- und reizfreier Pflege nicht als absolute Ausnahme in der letzten Ecke der Kosmetikregale finden müssen. Danke, Dinah!