Alles über milde Hautreinigung
Hautreinigung – wichtiger als angenommen
Oft habe ich den Eindruck, dass bei dem Thema Hautpflege insbesondere Seren und Feuchtigkeitscremes im Fokus stehen, während die Hautreinigung weitgehend vernachlässigt wird. In diesem puncto bin ich selbst schuldig, da ich lange Zeit die Notwendigkeit einer milder Hautreinigung vernachlässigt habe. Ich ging davon aus, dass es egal ist, welchen Reiniger ich nehme, wenn die Inhaltsstoffe ohnehin nur kurz auf der Haut bleiben. Falsch!
Zwar bleibt die reinigende Substanz tatsächlich nur für eine kurze Zeit auf der Haut. Falls sie dennoch oberflächenaktive harsche Substanzen enthält, ist sie in der Lage, die Barrierefunktion der Haut zu schwächen.
Dabei sollten nicht nur Menschen mit Hautproblemen bei der Wahl des Reinigungsproduktes aufpassen. Klar ist eine milde Hautreinigung insbesondere für Menschen mit Rosacea, atopischer Dermatitis, Akne und empfindlicher Haut von Bedeutung (Quelle). Dennoch sind viele tensidhaltige Reinigungsmittel im Stande, auch eine gesunde Hautbarriere zu beschädigen.
Eine geschädigte Hautbarriere hat wiederum u.a. zweierlei zur Folge:
- Wasserverlust aus der Haut und als Konsequenz Feuchtigkeitsmangel und Austrocknung der Haut
- Eindringen von Schmutz, Schadstoffen und Bakterien in die Haut (da die Oberfläche porös und der pH-Wert erhöht ist).
Blogreihe zur Hautreinigung
Weil das Thema „Hautreinigung“ für die Gesundheit unserer Haut so ungeheuer wichtig ist, habe ich die Thematik in drei Blogbeiträge aufgeteilt:
- Hautreinigung: Hautbarriere und Säuremantel (heute)
- Wie ist die Hautbarriere aufgebaut und welche Funktionen hat sie?
- Was beeinträchtigt eine gut funktionierende (gesunde) Hautbarriere?
- Was bedeutet für unsere Haut, wenn die Hautbarriere nicht optimal funktioniert?
- Worauf sollte man beim Kauf von Reinigungsprodukten und deren Anwendung achten?
- Tipps zur Hautreinigung – Worauf sollte man bei der Auswahl von Reinigungsmitteln und bei der Reinigungstechnik achten?
- Tenside in Hautreinigung – wie unterscheidet man zwischen Harsch und mild?
- Was sind Tenside und warum können sie unsere Haut schädigen?
- Welche Arten von Tensiden werden in Pflegeprodukten verwendet?
- Welche Tenside sind harsch und welche mild für unsere Haut?
- Warum ist die „dritte Generation“ von Tensiden (Zucker- und Aminosäure-Teside) besonders interessant?
- Wie ist die Reinigungskraft von Phospholipiden?
Bei der Vorbereitung des Themas stieß ich auf einen Aufsatz von 2011, veröffentlicht in Clinical and Aesthetic Dermatology, mit dem Titel: „A Guide to the Ingredients and Potential Benefits of Over-the-Counter Cleansers and Moisturizers for Rosacea Patients” (klick). Der Text fokussiert sich zwar explizit auf Rosazea (Kupferrose); die dort enthaltenen (medizinischen) Hinweise zur Gesichtspflege sind jedoch auf jeden Hauttyp übertragbar. Da der Aufsatz auf das Thema Hautreinigung ausführlich eingeht und dabei auf vielen guten Quellen basiert, werde ich mich in dem unteren Blogpost auf eben diesen Text beziehen, falls nichts anders angemerkt wird.
Na, dann schießen wir los!
Hautbarriere = unsere wasserfeste Regenjacke
Erinnert Ihr Euch noch an den dreiteiligen Hautaufbau –> Epidermis, Dermis und Subkutis (Unterhaut / Fettgewebe)? Dabei ging es um die Frage, wo eigentlich Hautfalten entstehen. Und der Fokus lag auf der Dermis (zum Nachlesen: Zwischen Epidermis und Subkutis – hier).
Heute beschäftigt uns insbesondere die äußere Hautschicht – die Epidermis.
Epidermis selbst besteht aus mehreren Schichten und im Gesichtsbereich ist sie ca. 0,02 Millimeter dick (dünn).
Die Hautzellen der Epidermis entstehen in deren tieferen Schicht (stratum basale) und wandern im Zeitraum von etwa einem Monat nach oben, wo sie verhornen (dieser Prozess wird knapp und verständlich auf der Homepage der Deutschen Haut- und Allergiehilfe e.V. erklärt).
Stellt man sich diesen Prozess vor, wird einem klar, dass es zu einer ständigen Epidermis-Erneuerung kommt: Während die abgestorbenen Zellen in Form von kleinen Schüppchen von der Hautoberfläche abfallen (bzw. durch ein physisches oder chemisches Peeling entfernt werden), wachsen in der tieferen Epidermis-Schicht zu gleicher Zeit bereits neue Hautzellen nach (Quelle: Roempp, Thema: Haut (die Homepage kann man zwei Wochen lang kostenlos testen).
Erwähnenswert ist in diesem Kontext, dass der Zellerneuerungsprozess mit dem Alter langsamer wird (die Zellaktivität nimmt ab) und dass wir ihn aber glücklicherweise mit einem regelmäßigen chemischem Peeling (etwa mit AHAs) beschleunigen können. Einen Beitrag zum chemischen Peeling für Anfänger findet Ihr hier.
Aus den übereinander geschichteten, lockeren, verhornten (toten) Zellen bildet sich die äußerste Hautschicht der Epidermis: wir nennen sie Hornschicht oder stratum corneum. Zwischen den Hornzellen sind wiederum epidermale Lipide angesiedelt, die sog. Hornfette: Ceramide, Cholesterin und Fettsäure (mehr zu hauteigenen Lipiden, s. hier ). Die Hornschicht bzw. stratum corneum ist also nichts anderes als die uns heute interessierende Hautbarriere.
Je dichter bzw. undurchlässiger die Hornschicht ist, desto widerstandsfähiger ist unsere Haut.
Eine gesunde Hautbarriere ist praktisch wasserfest. Man kann sich diese mit einer warmen, wasserfesten Regenjacke vergleichen, die uns vor Wind und Regen (Umweltverschmutzung, Zigarettenrauch, Bakterien, UV-Strahlen etc.) schützt. Je löcheriger die Jacke, umso mehr sind wir den äußeren schädigenden Einflüssen ausgesetzt. Unsere Hautbarriere – wie eine Jacke – kann also nur dann ihre Funktion zweckgemäß erfüllen, wenn sie genug dicht ist, d.h. nicht geschädigt wird.
Säuremantel = spezielle „Materialbeschichtung“
Auf der Hornschicht, bzw. auf der aus Lipiden und abgestorbenen Zellen bestehenden Hautbarriere, legt sich der sogenannte Säuremantel – auch Hydrolipidmantel genannt (Triglyceride, Squalene und Wachsester). Dabei handelt es sich um einen dünnen Wasser-Fett-Film, der die Hornschicht überzieht. Der Säuremantel setzt sich aus „Talg, Schweiß und Bestandteilen der Hornzellen zusammen und ist vor allem durch unseren Schweiß leicht sauer. Das saure Milieu schafft ideale Bedingungen für die Bakterien unserer gesunden Hautflora. Im Gegensatz dazu haben schädliche fremde Keime wie zum Beispiel Bakterien oder Pilze keine Chance, sich zu vermehren. Ein intakter Säureschutzmantel ist folglich zur Abwehr dieser Fremdstoffe wichtig“ (Quelle).
Der Säuremantel hat einen pH von 4.7-5.5 (genauer: bei Männern liegt der pH-Wert bei 4.85 und bei Frauen bei 5.58. Quelle).
Nun, wenn die Hornschicht (unsere Hautbarriere) eine dichte Jacke darstellt, ist der Säuremantel mit einer speziellen Beschichtung der Jacke zu vergleichen. Stellen wir uns vor, dass man unsere Jacke mit einem Spray mit Lipiden behandelt, der darauf einen wasser- und schmutzfesten Hydrolipid-Film entstehen lässt. Der Spray schützt somit unsere Jacke (Haut) noch zusätzlich vor schädlichen Umwelteinflüssen und hält uns warm und zufrieden.
Wird die Beschichtung entfernt (z.B. durch harsche Reinigungsmittel), werden in der Jacke mit der Zeit Löcher entstehen. Sie wird uns weniger effizient vor Regen und Wind schützen können bis sie letztendlich keine Schutzfunktion mehr anbieten kann.
In einer Studie von 2018 wurden zwei Gruppen mit einer beschädigten Hautbarriere mit jeweils einer Creme ausgestattet, die sie auf diese Stelle einen Monat lang täglich aufzutragen hatten. Gruppe 1 trug eine Creme auf mit einem pH von 4; Gruppe 2 verwendete eine Creme mit einem pH von 5.8. In der erstgenannten Gruppe konnte eine deutlich bessere Regeneration der Haut festgestellt werden (Quelle).
Bei einer normalen Haut bildet sich die Hydrolipidschicht relativ schnell zurück. Die Regeneration bei einer empfindlichen, entzündeten Haut dauert jedoch deutlich länger.
Milde Hautreinigung – Zwischenfazit
Man sollte Sorge dafür tragen, dass in unserer Haut zu einer möglichst minimalen Entfernung von Lipiden und Proteinen kommt, dass hierdurch also keine Löcher entstehen und die spezielle Beschichtung nicht abgetragen wird. Mit anderen Worten: Wir wollen gewährleisten, dass sowohl die Hautbarriere als auch der Säuremantel intakt bleiben.
Ausflug: Ein intakter Säuremantel ist auch für Akne Geplagten äußerst relevant. Warum ist eine gesunde (sauere) Hautoberschicht für unreine Haut wichtig?
- Zum einen ist es für Bakterien, die für die Akne-Entstehung verantwortlich sind, schwierig, sich in dem sauren Umfeld zu vermehren.
- Zum anderen wird eine irritierte Haut trockener (da Wasserverlust) und produziert mehr Sebum, um sich zu befeuchten. Das führt wiederum zur Verbreitung von Bakterien.
- Aufgrund der löchrigen Hautbarriere mit teilweise abgetragenem Säuremantel wird sich den pH-Wert der Haut erhöhen. Die unerwünschten Keime gedeihen in der Regel in einem pH-Umwelt höher als pH 5,5.
Zusammenfassend schützen die Hautbarriere mit dem Säuremantel die Haut
- vor äußeren Einflüssen (Umweltverschmutzung / Schadstoffen, UV-Strahlen, Bakterien/Keimen, etc.)
- vor inneren Abbauprozessen: sie halten den hauteigenen Fett- und Feuchtigkeitshaushalt aufrecht und sorgen dafür, dass der Wassergehalt aus der Haut nicht evaporiert und es somit nicht zu deren Austrocknung kommt.
Zumindest an dieser Stelle wird uns klar, wie wichtig eine gesunde Hautbarriere ist!
Was beschädigt eine gesunde Hautbarriere und den Säuremantel?
- Eine zu starke (und/oder zu häufige) Exfoliation (= Peeling) – entweder in Form einer Emulsion mit reibenden Körnchen oder eines chemischen Peelings
- Sonnenbrand
- Zu heißes oder zu kaltes Wasser bei der Reinigung
- (surprise, surprise) Hautreinigung mit harschen Mitteln!
Milde Hautreinigung und gesunde Hautbarriere
Wenn eine dichte Hautbarriere, umhüllt mit einem intakten Säuremantel, eine Voraussetzung für eine gesunde, pralle, ausreichend mit Feuchtigkeit versorgte Haut darstellt, sollte eine gute Hautpflege darauf ausgerichtet sein, die wertvolle Barriere nicht zu schwächen.
Und hier sind wir endlich Mal beim Thema Hautreinigung gelandet (das Thema „Exfoliation“ werde ich an einer anderen Stelle besprechen). In ein paar Tagen kommen Reinigungstipps. Nachher kommt ein Beitrag zu Tensiden…
Auf Eure Reflexionen nach dem Durchlesen des Textes bin ich schon sehr gespannt! 🙂 Bitte hinterlässt in den Kommentaren auch Eure Empfehlungen für gute Reinigungsprodukte! Das wäre prima! Danke! <3
Hier geht’s zum zweiten Teil der Blogreihe über Hautreinigung: Milde Hautreinigung – Dos & Don’ts
Eure Pia
–
Deine Posts sind immer super informativ und so geschrieben, dass man trotzdem noch alles kapiert. Auf die Posts die da noch kommen freue ich mich schon.
Zur Reinigung benutze ich Dermowas. Sieht aus wie Seife, ist aber besser für die Haut, da einen sauren ph-Wert. Sie wurde mir von meiner Hautärztin empfohlen als meine Haut eine Katastrophe war. Dazu noch Bioderma H20 als Gesichtswasser.
Viele liebe Grüße
Hallo Pia,
Ja, super, auf Deinen Post zur Reinigung habe ich schon lange gewartet! Meine Mutter hat früher auch immer gesagt, ja, Reinigung ist nicht so wichtig, wasche ich ja sowieso gleich wieder ab… Habe ihr gleich mal erklärt, dass die schon wichtig ist und nicht nur ihr Gesichtswasser ( da meinte sie immer, das “ bleibt “ ja dann auf der Haut…)
Ich muss unbedingt meinen Reiniger von PC wieder bestellen ( den Resist perfectly balanced foaming cleanser), weil ich den toll finde und er sich bedenklich leert; aber irgendwie habe ich noch im Hinterkopf , er wäre gar nicht so “ perfectly balanced“? Ich mag ihn aber richtig gerne. Gerade teste ich auch das Dermasense Mousse, da bin ich mir noch nicht so sicher, finde es relativ austrocknend.
Schreibst Du auch etwas über Doppelreinigung? Habe einige Zeit das “ Take the day Off“ Reinigungsbalm von Clinique genommen, vorher. Hat auch toll gereinigt, ist aber natürlich sehr teuer und schrecklich fettend, wenn es an meine langen Haare ( Stirn oder Seiten) kommt. Dann hätte ich immer fettige Haare an der Stelle, wenn ich nicht ganz vorsichtig war. Außerdem mag ich das schmierige Gefühl gar nicht. Aber meine Haut war sehr schön damit. Jetzt habe ich es schon ein paar Wochen nicht nachgekauft und komme auch ohne gut klar. Aber ich hatte schon das Gefühl, es macht Sinn, erst mit etwas fettlöslichem vorzureinigen, gerade wenn ich Foundation und Sonnenschutz aufgetragen hatte. Zur Zeit reinige ich in dem Fall einfach doppelt, d.h. nach Abwaschen nochmal mit einer kleineren Menge meines PC – Reinigers. Zum Entfernen nehme ich immer weiche Einmalwaschlappen. Und morgens kurz kaltes Wasser danach…sollte ich wohl auch nicht…macht aber so schön wach…
Danke für die tolle Reinigungs- Post-Reihe!!
Liebe Grüße, Martina
Hallo Martina, das Dermasence Mousse ist auch eher für fettige Haut. Probiere Mal den BarrioPro Reinigungsschaum. Der ist super 🙂
Liebe Martina, zum Entfernen vom wasserfesten Sonnenschutz bzw. Makeup kommt man an einem ölhaltiges Reinigungsprodukt nicht vorbei. Der Clinique Balm ist wohl das Beste, was der Markt im Moment anbietet. Keine tolle Konsistenz, aber es wirkt. Das Öl Cleanse Off von MAC wäre eine Alternative… Dermasence hat eine gute Reinigungsmilch, die nicht austrocknet. Das wäre eine Option für den Morgen. Also: Abends fettlöslich und morgens eine Milch…
Liebe Pia, du weißt ja schon, dass ich auf Ölreinigung schwöre, ich finde deinen Beitrag aber wirklich toll geschrieben und vor allem bebildert! Hast du das selbst gemalt? <3 Wenn ich mich auf Blogs oder Instagram umschaue, ist eine milde Reinigung einfach immer noch nicht weit verbreitet. Selbst bei Paulas Choice wird man ja nicht wirklich fündig. Letztens habe ich wieder irgendwo den Satz gelesen: "Meine Haut quietscht richtig nach der Reinigung, so sauber ist sie" – autsch! Freue mich schon auf die beiden anderen Teile!
Ja, die Bilder habe ich selbst gemacht. Bin etwas stolz darauf. 🙂 Ja, den Satz von quietschender Haut habe ich neulich auch irgendwo gelesen. Naja…
Wir lesen uns! Liebe Grüße an Dich. 🙂
Toll erklärt. Ich freue mich auf weitere Teile der Serie.
Produktempfehlungen kann ich noch keine geben, ich stelle gerade meine Hautpflege um.
Außer in puncto Sonnenschutz, da hab ich das Piz Buin Dry Touch Gesichtsfluid entdeckt und bin begeistert. Hab mir auch gleich noch das Körperfluid besorgt. Endlich kein klebriges Gefühl mehr. 🙂
So jetzt noch mal einen extra Kommentar für dich Pia, ich liebe ja deine Beiträge obwohl ich sie manchmal mehrfach lesen muss 😉
Ich bin sehr gespannt wie diese Artikelreihe weitergeht. Ich bin aktuell immer noch sehr zufrieden mit dem Resist Reiniger von Paula´s Choice (Review auf dem Blog). Gutes gelesen habe ich jetzt auch schon über einige Reiniger aus der Drogerie bspw Nivea -In Dusch. Auf der anderen Seite wechsle ich aber einfach nicht so gern bei Gesichtsprodukten und frage mich ob ich das „In-Dusch“- Marketing (welches ich absolut schwachsinnig finde) wirklich unterstützen will?
Ich glaube, dass das In Dusch von Nivea Shenja mal gut eingeschätzt hat. Und sie weiß ja Beschied. 🙂 Aber die INCI sehen echt gut aus (dazu habe ich soeben einen kurzen Kommentar geschrieben). Das wäre etwas für den Morgen; abends eher eine Ölreinigung. Wie kriegst Du Dein Makeup und Sonnenschutz runter – mit dem PC Ding?
Ja ich reinige momentan mit dem PC Resist Reiniger und teste aktuell zusätzlich die Foreo Luna. Bisher mag ich sie sehr gern. Mit Ölreinigung hab ich allerdings auch gute Erfahrungen gemacht.