Hautpflege aus der Drogerie kann fürchterlich formuliert werden
Ursprünglich wollte ich zu dem Thema Drogerieprodukte nur einen kurzen Text auf Instagram posten. Nachdem die ersten Zeilen fertig waren, ist mir jedoch deutlich geworden, dass ich dazu doch etwas mehr als nur ein paar Worte sagen möchte.
Heute suchte ich für Euch in DM nach empfehlenswerten Produkten Vitamin C. Eine Stunde lang studierte ich diverse Labels, was bei den Verkäuferinnen ein gewisses Maß an Misstrauen auslöste – zumal ich am Ende lediglich mit einer Kleinigkeit für unter 2€ aus dem Shop rausging. 🙂
Vitamin C-mäßig war mein DM-Besuch absolut ernüchternd.
Bis auf ein Produkt, die recht gut formuliert ist – das wasserfreie Serum von Diadermine, mehr dazu hier – habe ich kaum etwas Vernünftiges gefunden.
Dabei haben mir die DM-Regale wortwörtlich noch mal vor Augen geführt, wie groß die Kluft zwischen Hersteller-Versprechen und dem eigentlichen Produkt-Inhalt ist. Ohne, dass ich es zahlenmäßig beweisen könnte, würde ich gerne mit Euch wetten, dass Drogeriepflegeprodukte mit viel Alkohol denat. und unnötigen ätherischen Ölen bzw. deren Bestandteilen die Mehrheit der Pflegepräparaten ausmachen. Dabei sollen sie die Haut mit viel Feuchtigkeit versorgen, Falten reduzieren, Kollagen ankurbeln, straffen und liften. Acha.
Manche Sachen sind so grauenhaft formuliert, dass die Werbeversprechen auf den Verpackungen fast schon unanständig klingen.
Die untere Fotos stellen nicht mal die „schlimmsten“ Fälle dar, da ich nicht mehr wusste, welche davon die absoluten Supergau sind. Eher sind die unten vorgestellten Drogeriepflegeprodukte beispielhaft für den heutigen Auswahl von Cremes und Seren (nicht nur) mit Antioxidantien in Drogerien.
Wollen wir uns das jetzt gemeinsam anschauen?
Drogeriepflegeprodukte – Beispiele
Beispiel 1: Fokus auf kaum vorhandenen Wirkstoff
Balea bietet uns freundlicherweise ein Konzentrat mit Coenzym Q an. Coenzym Q kann bei der Kollagenproduktion tatsächlich etwas behilflich sein (zu gut recherchierten Aktivstoffen s. hier). Dafür muss es aber eine entsprechend hohe Konzentration aufweisen. Laut INCI-Liste befindet sich der Wirkstoff hinter dem Parfüm. Eine besonders konzentrierte Vortäuschung der Kunden ist dem „Konzentrat“ womöglich schon mehrfach gelungen.
Beispiel 2: Kluft zwischen Herstellerversprechen und Produktinhalt
Ein Lifting Konzentrat kommt aus dem Hause Schaebens. Was da besonders konzentriert ist, wage ich nicht zu behaupten. Ob die Gesichtshaut hierdurch gestrafft wird, kann ruhig bezweifelt werden.
Weiter unten seht Ihr außerdem einige Beispiele für „straffende“ Produkte, die dazu ebenfalls nicht in der Lage sind.
Beispiel 2: Geballte Reizstoff-Kraft
Mit der „straffenden“ Creme hat Lavera einiges geschafft, nämlich eine Menge an Irritanten hinzuzufügen. Alkohol denat und allergieauslösende Duftstoffe reizen die Haut und trocknen sie aus; hierdurch wird die natürliche Hautbarriere zerstört – mit all dessen negativen Konsequenzen (mehr zur Rolle unserer Hautbarriere s. hier). Man schaut sich die INCI-Liste an und staunt….
Eine vollständige Liste allergener Duftstoffe in Kosmetiker findet Ihr hier. Diese sind weiterhin in unfassbar vielen „Pflege“-Produkten vorhanden.
Beispielhaft dafür sind etwa die „kräftigende“ und „straffende“ Tagespflege von Florena, die Reinigungsmilch von Alverde, die Garnier Miracle (!) Sleeping Creme mit einem „Anti aging Komplex“ oder die weiter unten zu bewundernde Mattierende Creme Hautklar, ebenfalls von Garnier.
Beispiel 3: Reizstoffe & Alkohol in Baby-Produkten
No comment.
Beispiel 4: Hoch dosierter Alkohol denat. / Ethanol
Dass viele „Pflege“-Produkte weiterhin im Alkohol denat. schwimmen, wundert relativ wenig, da dies von den Kunden offenbar, genauso wie ätherische Öle und deren Bestandteile, weitgehend akzeptiert wird.
Und da reinigt ein junges Mädchen fleißig ihr Gesicht mit den das „Hautbild verfeinernden“ Balea Reinigungstüchern – 3 in 1, wohl gemerkt – und glaubt, etwas gutes für ihre Haut gemacht zu haben. Diese wird zwar etwas spannen, dafür sich aber sooo sauber anfühlen!
Und dass eine anti-Pickel Creme unbedingt viel Alkohol enthalten muss, ist ja ohnehin klar.
Und ja, es kann sein, dass sich die oben vorgestellten Drogeriepflegerodukte toll auf der Haut anfühlen. „Meine Haut war am nächsten morgen so weich und geschmeidig.“ (Maria, 32 Jahre alt)
Auch kann es sein, dass sie wunderbar riechen. „Ich fühlte mich nach dem Auftrag, wie in einem Rosengarden. Und der Duft begleitete mich dann auch den ganzen Tag. Sogar mein Freund hat mich darauf angesprochen.“ (Theresa, 44 Jahre alt)
Nicht ausgeschlossen wäre es zudem, dass einige der oben vorgestellten Produkte die Haut kurzfristig aufpolstern, wodurch Fältchen gemildert werden. „Ich stand vor dem Spiegel und die Fältchen waren plötzlich weg! Die Haut war prall und komplett faltenfrei.“ (Marina, 19 Jahre alt)
Dennoch: In einigen Jahren werden die Nutzerinnen wahrscheinlich merken, dass ihre Haut gefaltet, trocken und gereizt ist, dass die Fältchen tiefer geworden sind und dass sie gegen immer mehr Inhaltsstoffen allergisch reagiert.
Leere Herstellerversprechen
Nun, was können wir tun, um nicht in die Falle der inhaltslosen Versprecher der Kosmetikmarken zu geraten?
- lernen, Inhaltsstoffe eigenständig zu analysieren
- lernen, welche Inhaltsstoffe für die Haut vorteilhaft sind, konkreter: wodurch was erzielt werden kann
- gegen „Reviews“ vom Typus: „meine Haut ist so unglaublich weich und geschmeidig“ resistent werden
- bei Herrsteller-Werbeslogans Gehirn anstatt Gefühle aktivieren
Und ein Vorschlag zum Schluß:
Geht bitte Mal in nahe liegende Drogerien und schaut Euch einige Pflegeprodukte genauer an. Meldet Euch bitte mit Euren Anregungen und Erfahrungen zurück. Macht Fotos davon und stellt sie auf Instagram ein. Vielleicht finden wir gemeinsam in einer Drogerie ein potentes Antioxidant-Serum? 🙂
Sind alle Drogeriepflegeprodukte schlecht? Natürlich nicht.
Es ging in diesem Beitrag vornehmlich um Drogeriepflegeprodukte mit Antioxidantien.
⇒ Empfehlenswerte Pflege aus der Drogerie findet Ihr in diesem Blogkategorie Drogerieprodukte.
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Eure Pia
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So sieht es aus, liebe Pia :-/ INCIs auseinanderzupflücken kann mitunter mühselig sein aber es lohnt sich. Ich kenne noch lange nicht jeden Inhaltsstoff und kann aus dem Stehgreif nicht immer zu 100% sagen, was er tut bzw. tun sollte. Mit der Zeit wird man dann schlauer und die Haut dankt es einem.
LG
Ja, man liest überall, dass mit dem Weglassen von Reizstoffen die Haut tatsächlich dankbar ist.
Hättest Du ein Pflegeprodukt aus der Drogerie, das Du empfehlen könntest?
Das Pflegeöl und die Waschlotion aus der Baby und Kinder-Reihe von lavera finde ich klasse. Das ist zwar keine Drogerieeigenmarke aber trotzdem in jedem rossmann, dm oder Budni erhältlich. Ansonsten fällt mir jetzt nichts ein … Allerdings muss ich sagen, dass wir die Calendula Babycreme für den Windelbereich benutzen und sie in sehr schlimmen Zeiten (ich sag nur Zähne!!!) sehr gut gegen den Pavianpo geholfen hat.
Pavianpo? Glaubst Du mir, dass ich die Bezeichnung noch nicht gehört habe, selbst wenn diese absolut einleuchtend klingt? Danke für den Tipp! Roo hatte zwar glücklicherweise nie ein großes Problem damit, auch nicht beim Zahnen, aber es ist immer gut zu wissen…
Ich grüße Dich herzlich! Pia
Ich arbeite ja sogar bei dm und mir fällt es manchmal echt schwer da noch was zu empfehlen, weil wir echt wenig richtig gute Sachen haben, die ich auch selbst benutzen würde. Ich habe schon versucht an einigen Stellen weiter oben was zu verbessern, aber leider ist das Interesse daran mehr als gering 🙁
Ach ja? Da hast Du ja einen Dauerzugang zu den DM-Regelen. Ganz cool. 🙂 Hattest Du nicht etwa auf dem Blog über Drogerie-Pflege geschrieben? Könnten wir das hier vielleicht verlinken?
Verbessern wird sich etwas erst dann, wenn Kunden weg gehen und die Gewinne von L’Oreal & Co sinken werden.
Viele liebe Grüße, Möhrchen 🙂
Huhu, ich vermeide Alkohol zwar auch in meiner Gesichtspflege, aber letztens ist in meinem Feed etwas von den Beauty Brains aufgetaucht, die sich scheinbar mit dem Research Team von Paula’s Choice darüber streiten, ob Alkohol wirklich so schädlich für die Haut ist wie PC das eben immer darstellt 😀
Mich würde einfach mal interessieren, was du dazu sagst:
http://thebeautybrains.com/2015/10/is-it-okay-to-have-alcohol-in-your-skin-care-products-episode-105/
Das hier bezieht sich auf dieselbe Quelle, denke ich: http://chemistscorner.com/does-alcohol-cause-skin-irritation/
Und hier noch was von Pubmed: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18569160
(z. B. der Satz „ethanol does not appear to affect the integrity of the skin barrier nor reach a very high systemic concentration following dermal exposure“)
Ich habe nie Dermatologie studiert und weiß nicht so Recht, wem ich bei sowas glauben soll 🙂
Hallo liebe Dyana, danke für Deine Frage. Dazu habe ich mich bereits ein paar Mal geäußert: Leider gibt es bislang keine für mich überzeugende Studie, die bewiese, dass Alkohol in Pflegeprodukten in kleinen Mengen negative Auswirkungen auf die Haut hat. Die meisten Studien beziehen sich auf sehr hohe Alkoholmengen, die meist in Handdesinfizierungsmitteln vorkommen. Daraus den Schluß zu ziehen, dass Alkohol generell austrocknet, ist zu weit gehend. Dies würde nämlich nach sich ziehen, dass auf der Basis einer Studie, in der 70% Alkohol in einem Handgel getestet wurde, abgeleitet wird, dass eine Creme mit 3% zwangsweise die Haut ebenfalls austrocknen wird.
Also, was ist mit Pflege mit Alkohol bis etwa 10%, 5%? Es gibt eine Studie, die von Zellentod ab 2% spricht (an Tieren getestet). Das hat Paulas Choice genutzt, um Alkohol als ein der bösesten Irritanten einzustufen. In dem von Dir genannten Link gehts ebenfalls um Irritation. Was aber mit Hautaustrocknung, Lipidezersetzung und Zellentod? Diese Frage ist für mich ungeklärt. Solange das der Fall ist, nutze ich möglichst keine Pflege mit Alkohol bzw. mit minimalen Konzentrationen.
Das Thema werde ich hier im nächsten Jahr, wenn ich mehr Zeit für gute Recherchen habe, definitiv wieder aufgreifen. Bis dahin will ich dazu nichts mehr sagen, denn sonst müsste man wieder dieselben Studien heranziehen, in denen Waschgels mit 70% Alkohol vorkommen. Das bringt keinem was.
Noch ein Punkt, in diesem Text sagt PC: “What can we learn from this study? Don’t use any ingredients that aren’t good for skin, period.” Das beweist noch einmal, dass ihre Schlussfolgerungen unter logischen Gesichtspunkten ungültig sind und dass es ihr in erster Linie um die Umsatzzahlen, nicht um solide Forschung, geht. Das ist nämlich nicht das, was man aus dem in dem Text Gesagten lernt, sondern, dass wir unbedingt mehr Studien zu Rolle von Alkohol denat in KLEINEN MENGEN in Pflege brauchen, um etwas Konkretes aussagen zu können. Oder “Don’t use any ingredients in the concentration that can be bad for your skin”.
Und: es geht hier nicht darum, wem man glauben soll, sondern, was die Forschung dazu sagt. Und diese ist im Moment recht dürftig.
Ich grüße Dich herzlich, Pia 🙂
Super, vielen Dank für Deine Mühe, freue mich schon auf mehr!!
Hahaha… Pia, danke!
Mittlerweile kann ich zum Glück drüber lachen, aber die Ernüchterung war groß und tief, als ich das (vor ga nicht langer Zeit 😉 gecheckt habe. Vor allem die Inhaltsstoffe im Bereich der Babypflege regt mich immer noch maßlos auf!
Lieben Gruß,
ulli ks
Danke Ulli für Deinen Kommentar. Ja, ich würde mal gerne mit denjenigen sprechen können, die für die Formulierung solcher Baby-Pflegeprodukte die Verantwortung tragen. Bist Du mit Deiner Pflegeroutine im Moment zufrieden?
Ich kriege auch jedes Mal hohen Blutdruck wenn ich ein Babyprodukt mit gruseligen Inhaltsstoffen umdrehe! Das macht mich echt wütend! Hoffentlich bewirkt der Trend zum Incis checken was bei den Firmen!!!
Danke Pia für deinen Beitrag!