PARFÜMFREI IST NICHT IMMER DUFTFREI
Allergene Duftstoff in Kosmetik: Lieber weniger Spannend als Haut-spanned
Ätherische Öle als Kontaktallergene
Zur Erinnerung:
Duftstoffe zählen zu den stärksten Kontaktallergenen.
Zu Kontaktallergie auslösenden Duftstoffen gehören wiederum hauptsächlich Bestandteile von ätherischen Ölen.
In 2009 hat die EU eine Liste von 26 allergenen Duftstoffen veröffentlicht. Kosmetikhersteller wurden dabei mit Auflagen erfreut: Sind diese Duftstoffe bis zu 0.01% in abwaschbaren und bis zu 0.001% in auf der Haut verbleibenden Produkten vorhanden, sollten sie auch auf der Verpackung deklariert sein.
Davon kommt die Bezeichnung: deklarationspflichtige Duftstoffe.
Sowohl diese 26 Kontaktallergene als auch eine erweiterte Liste von deklarationspflichtigen Duftstoffen und Pflanzenextrakten findet Ihr in diesem Blogpost: Allergene & phototoxische Duftstoffe – Tabellen.
Hier noch kurz die Namen der ursprünglich genannten 26 Allergenen.
- Alpha-Isomethylionone
- Anise Alcohol
- Amyl Cinnamal
- Amylcinnamyl Alcohol
- Benzyl Alcohol
- Benzyl Benzoate
- Benzyl Cinnamate
- Benzyl Salicylate
- Butylphenyl Methylpropiona
- Cinnamyl Alcohol
- Citral Isoeugenol
- Citronellol
- Coumarin
- Eugenol
- Evernia Prunastri Extract
- Evernia Furfuracea Extract
- Farnesol
- Geraniol
- Hexyl Cinnamal
- Hydroxycitronellal
- Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexene Carboxaldehyd (Lyral)
- Linalool
- Limonene
- Methyl 2-Octynoate
Die Marktüberwachung des Europarates
Und damit kommen wir letztendlich zu der eingangs erwähnten Studie…
Der Europarat wollte prüfen, ob allergene Duftstoffe in Kosmetik tatsächlich deklariert werden. Dazu wurde das Europäische Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln und Gesundheitsfürsorge (EDQM) beauftragt. EDQM ist eine Agentur des Europarats. Zu deren Aufgaben gehört u.a. die Überwachung der Anwendung von Qualitätsstandards für für Medikamente und Kosmetik auf dem europäischen Markt.
Das Studienziel des EDQM war also, Kosmetikproben auf die Präsenz allergischer Duftstoffe hin zu überprüfen.
Dabei haben die Forscher zunächst den Produktinhalt geprüft. Wurden ein oder mehrere von den 26 Allergenen gefunden, haben sie im zweiten Schritt geschaut, ob die Produktverpackung dies auch gesetzmäßig deklariert.
Insgesamt wurden in Jahren 2018 und 2019 in acht europäischen Ländern 932 Kosmetik- und Parfümproben gesammelt.
Alle Produkte waren in Europa erhältlich.
85% von diesen Präparaten wurden in Europa hergestellt.
544 davon wurden als parfümfrei ausgelobt.
Im Dezember 2020 erschien auf der Homepage des Direktorates das Studienergebnis.
Es wird spannend…
Allergene Duftstoffe in Kosmetik – nur zum Teil deklariert
Das Ergebnis der Überprüfung zeigte das Folgende: Jedes 10. getestete Produkt (10%) war mit den Vorschriften der aktuellen Kosmetikverordnung der EU nicht kompatibel: Entweder enthielten die Produkte falsche Angaben zu eingesetzten Allergenen. Oder wurden die sie von Herstellerangaben begleitet, welche das EDQM als irreführend bewertet hat.
Vorhanden und nicht ausgelobt waren meist folgende Duftstoffe: Linalool, Benzylalkohol und Limonen(e).
Von den als parfümfrei deklarierten Präparaten enthielten 3.1% allergene Duftstoffe – sie waren somit nicht duftfrei.
ALLERGENE DUFTSTOFFE UND DIE KENNZEICHNUNGSPFLICHT
Bei 17 von 544 als parfümfrei ausgelobten Produkten wurden allergene Duftstoffe entdeckt. Richtig gekennzeichnet wurden somit 527 Präparate.
Eine weitere Zahl: 93 von 932 getesteten Produkten hatten entweder falsche Angaben in Bezug auf den Einsatz von Duftstoffen oder hatten eine irreführende Beschreibung des Produktes. Das heißt also, 839 waren weder falsch noch irreführend gekennzeichnet.
Dennoch findet die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit im EDQM die Zahlen viel zu hoch. Sie äußerte sich im Interview mit dem CosmeticsDesign-Europa Magazin wie folgt:

10% FALSCH BZW. IRREFÜHREND – IST DAS VIEL?
Null Toleranz ist ein löblicher Ansatz. Ob es aber realistisch ist? Was sagt Ihr? Sind die Zahlen in Euren Augen hoch? Kann man den heutigen Zustand der als akzeptabel einstufen?
Und was sagen Duftstoffallergiker unter Euch? Falls jedes zehnte Kosmetikprodukt potenziell allergene Duftstoffe enthält, wovon man nicht weißt, ist das ein Grund zur Klage?
Ich danke Euch fürs Lesen und Mitdiskutieren und bis zum nächsten Mal!
Eure Pia
Seit etwa 3 Jahren reagiere ich sehr empfindlich (rote juckende Haut) auf Citronellol und Limonene, aber auch weniger stark ausgeprägt auf andere Duftstoffe von der Liste oben. Das ist kein Problem für die Gesichtpflege, aber für Körperpflege finde ich es sehr schwierig Produkte zu finden die keine von diese Inhaltsstoffen beinhalten. Es gibt sie schon aber dann sind sie in der Regel viel teurer obwohl eigentlich der einzige Unterschied ist dass sie gewisse tiefdosierte, unwichtige Inhaltsstoffe nicht enthalten. Vor einer Weile wollte ich ein festes Shampoo kaufen, aber alle die ich angeschaut habe (und es waren rund 40) enthielten mindestens einen der sensibilisierenden Duftstoffe. Für die Körperpflege habe ich dann vor 2 Jahren angefangen meine eigene Bodylotion zu machen und das funktioniert jetzt relativ gut, der Zeitaufwand ist etwa 20 Minuten einmal im Monat und meiner Haut geht es jetzt wieder sehr viel besser. Finde es interessant dass du über dieses Thema schreibst.
Liebe Sabrina, warum seit 3 Jahren… hast Du eine Vermutung? Mehr in dem Kommentar an Dinah.
Hi Pia, vor drei Jahren wurde meine Haut trockener (nicht sicher warum) und dann habe ich angefangen täglich eine Bodylotion zu benutzen, die dann halt Limonene/Citronellol enthielt und dann über Zeit bin ich glaub ich darauf sensibel geworden. So wie ich das verstehe wenn man mal sensibilisiert ist, geht dass dann nicht mehr weg.
Liebe Pia, das sind die Artikel von Dir, die ich schon gründlicher lese, da ich Allergiker+Duftstoffallergiker bin. Es ist sehr ermüdend, die richtigen Produkte zu finden. Parfümfrei kaufe ich erst gar nicht. Ich versuche, Produkte mit DAAB Siegel zu bevorzugen, aber auch da habe ich schon einiges wieder in den Müll geben müssen. Und viele gute Produkte verschwinden bald wieder vom Markt, da sie nicht so aggressiv beworben und entsprechend häufig gekauft werden.
So hat zB die Firma Schaebens nach und nach einige sehr gut verträgliche Produkte aus dem Programm genommen und fährt jetzt Standard.
Das Thema betrifft ja nicht nur die Hautpflegeprodukte. Bei Haar- und Wäschepflege sind die gleichen Kriterien anzuwenden, um Hautirritationen zu vermeiden.
Ich leide seit Jahrzehnten unter Neurodermitis und erst seit wenigen Jahren unter der Duftstoffunverträglichkeit. Seit der rigorosen Umstellung auf duftstoffreie Produkte ist auch die Haut zur Ruhe gekommen. Die Duftstoffe reizen enorm, lösen Atemnot, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen aus.
Ich frage mich, wie wieviele Menschen wohl ihre Kopfschmerzen in den Griff bekommen könnten, wenn sie die Überbeduftung von Wohnraum, Kleidung und Körper überdenken und etwas verändern.
Dankeschön für Deinen wertvollen Artikel und liebe Grüße von Dinah
Guten Abend,
mich würde sehr interessieren, welche Produkte sie im Allgemeinen verwenden und welche Sie auch gut vertragen.
Hierbei ist es egal, ob es die Augencreme ist, Gesichtscreme, Deo, Waschpulver, Shampoo oder Handseife.
Ich freue mich auf eine Antwort.
Liebe Dinah,
Du, Steffi und Sabrina, besprecht dasselbe Problem: Im grunde geht es nicht nur um Gesichtspflege, sondern insgesamt um Hautpflege.
Es gibt etliche reizarme Pflegeprodukte auf dem Markt, welche ohne Alkohol und ätherische Öle (und sogar ohne Parfüm :)) auskommen. Ich kann gerne eine Liste davon machen mit der Bitte an Euch, die hier lesen, die Liste zu erweitern… Bei Bodylotions ist das in der Regel kann Problem. Bei Shampoos und Haarspülungen wird es jedoch schwieriger, da hier die Präferenzen weiter auseinander gehen. Aber wir werden es versuchen: Eine Liste mit höchst verträglichen Pflegemitteln für den Körper und Kopfhaut zu entwickeln. Ich hoffe, dass Ihr dabei sein werdet! 🙂
Viele Grüße
Pia
Ich finde 10 % zwar zu viel, aber um ehrlich zu sein hatte ich schlimmeres erwartet. Vor allem, dass bei den Produkten, die als parfumfrei ausgelobt sind, tatsächlich nur wenige Prozent „verunreinigt“ waren, stimmt mich positiv.
Ich selbst meide deklarationspflichtige Duftstoffe, weil ich generell empfindliche Haut habe, aber ich bin kein Allergiker. Aus der Perspektive sind 10 % glaube ich sehr hoch.
Ich persönlich lese besonders diese Art Artikel gern, die Grundlagen und Werkzeuge vermitteln, um dann selbst besser Produkte aussuchen zu können. Deswegen ein großer Dank von mir! 🙂
Hallo Emma, ich habe auch Schlimmeres erwartet… Bin mir allerdings unsicher, ob jedes 10 Produkt viel oder wenig ist. Wenn Allergiker gerade die erwischen? Alle Anderen sollten damit kein Problem haben.