Die Liebe meines Lebens (1)

mami kind

Guten Tag meine lieben Leserinnen und Leser,

„Heute – am Muttertag – lade ich Euch sehr herzlich dazu, einen für diesen Blog etwas ungewöhnlichen Text zu lesen. Er ist weder über Pflege noch Kosmetik. Es ist über mich.“… so schrieb ich im Jahre 2014. Zu dieser Lektüre möchte ich Euch noch einmal einladen. Meine Leseranzahl stieg innerhalb des letzten Jahres stark an und wer weiß, vielleicht hilft meine, zugegebenermaßen sehr persönliche, Geschichte jemanden bei ähnlichen Entscheidungen weiter?

Über Eure Rückmeldungen würde ich mich jedenfalls sehr freuen! 


Jede/r ist anders. Lebensmuster lassen sich nicht nachahmen bzw. wiederholen. Ob eine Person, die kein Kind wollte mit einem Kind schließlich zufrieden sein wird, ist alles andere als sicher. Daher möchte ich keine/n zu etwas überreden, sondern lediglich meine Geschichte mit Euch teilen. Den Text (er stammt vom August 2014; der zweite Teil kommt morgen) habe ich innerhalb kurzer Zeit geschrieben. Er lag und gedieh offenbar schon längst in meinem Kopf. Jetzt ist es auf dem Papier. Und Ihr seid, außer meinem Pooh Bear, die ersten, die über die Geschichte erfahren. Das möchte ich so.

Also…


Ich wollte eine Professorin werden.

Während des Studiums wusste ich noch nicht wirklich, wie ich mich beruflich orientieren soll. Die Leidenschaft für Wissenschaft kam etwas später – während des Schreibens meiner Magisterarbeit. Dann erfolgte ein Umzug nach Deutschland, ein ultra schneller Deutsch-Sprachkurs und das Exposé für meine künftige Doktorarbeit stand fest. Zu meiner Überraschung und Freude wurde es von meinem erwünschten Professor akzeptiert und ich wurde als Doktorandin angenommen. Es begannt eine spannende Zeit, in der ich voll und ganz in meinem Kopf lebte – einem Kopf voll von Analysen, Strukturen und logischen Zusammenhängen. Alles war spannend, was eine Kette an Gedankengängen auslöste. Gefühle und Emotionen waren zweitrangig. Ich lebte in meinem Kopf und schrieb eine fast ausschließlich theoretische Arbeit. Mit vielen Fußnoten, selbstverständlich. Ein Forschungsstipendium half mir dabei, sich nur auf das „Wichtige“ zu konzentrieren. Summa lum laude. Im Anschluß bekam ich eine kleine Stelle an der Uni. Es war spannend. Ich habe mich für jede Veranstaltung mit den Studis ausgiebig vorbereitet. Gleichzeitig schrieb ich ein weiteres Exposé für ein post doc Projekt. Ich lebte in meinem Kopf – voll von Strukturen, Analysen, Gedanken. Ich dachte, das Leben ist aufregend und ich werde noch ganz viel erreichen. Nobelpreis? Why not. Ja, ich dachte, ich wäre Jemand.

Und eines Tages meinte Pooh, dass wir vielleicht eine/n little Roo bekommen sollten. Was für eine abwegige Idee! Ich arbeitete fleißig an einem neuen Forschungsprojekt, musste mich in die Materie gut einlesen, recherchierte ausgiebig und war damit sehr zufrieden. Ein Kind? Habe nie wirklich darüber nachgedacht, bzw. die Idee immer abgeschoben, als irrelevant abgestempelt.

Denn: nicht alle Frauen müssen Kinder bekommen. Nicht alle Frauen sind dafür bestimmt. Fast alle Frauen können Kinder kriegen; das ist ja per se keine Leistung. Vielmehr ist es nicht selten eine Idee für einen Lebensentfwurf, wenn andere Inhalte fehlen, oder ein Alibi fürs Zuhause bleiben, wenn man nicht arbeiten will, oder ein Versuch, die eigene Identität zu finden – man ist ja Mama; man brauch niemand anders zu sein. Und ja, eine Mutter ist halt eine Mutter, wie Tausend andere, kein echter Jemand. Und Jemand zu sein ist gut dachte ich.

Ich hatte andere Inhalte, war vom Frühmorgen bis Spätabend beschäftigt. Vor dem Schlafengehen haben uns Pooh und ich (übrigens weibliches Piglet, wenn sich jemand fragen sollte) oft einen netten Film angeschaut, sind oft in die Philharmonie oder zu einem englischen Theater gefahren. Sommerabende haben wir auf unserem Balkon verbraucht. Es war friedlich und vertrauensvoll. Mein Leben war interessant und vollständig gefühlt. Und so ruhig. Und so schön! Samstags und Sonntags schliefen wir so lange, wie wir es wollten. Der Morgen am Wochenende war immer herrlich. Es roch nach Kaffe, den ich Pooh nach dem Aufstehen mitbrachte. Die Sonne strahlte direkt ins Schlafzimmer… Wo sollte ein Kind hin? Und wozu? Nein, nein, nein!

Doch der Gedanke ließ nicht los. Ein Kind. Angst schlich sich ein: Was passiert, wenn ich meine Entscheidung gegen ein Kind irgendwann bereue? Ich war 35 Jahre alt. Fit und gesund. Doch man weiß ja nicht, wann es zu spät sein wird. Und Pooh ließ auch nicht los. Auf eine unaufdringliche Art und Weise sprach er das Thema immer wieder an. Ein Kind.

Mutter Kind Liebe


Ein Jahr lang habe ich darüber nachgedacht, ohne wirklich auf mir bekannte Art und Weise zu denken, d.h. zu analysieren; pros und cons abzuwägen, etc. Das Thema war einfach da, es hat mich emotional begleitet und nie mehr losgelassen.

Ende September kaufte ich kleine Söckchen und hing sie an der äußeren Türseite auf. Nach einer Stunde habe ich sie abgenommen und in eine Schublade gesteckt. Ich wurde unruhig.

Nach ein paar Wochen wurden die Söckchen wieder rausgenommen und an der Tür aufgehängt. Und sie blieben dort so lange hängen, bis Pooh nach Hause kam. Er hatte Träne in den Augen. Es war kein Weg zurück. Die Entscheidung fiel. Die Panik began.

Wird das Kind unser schönes Leben kaputt machen? Wie finde ich Zeit für andere Sachen als Kinderbetreuung? Wie kann ich mich nachher konzentrieren und an meinen Hypothesen basteln? Wie ich, eine sehr unabhängige Person, kann plötzlich die Gestaltung meines Lebens von einem kleinen Wesen abhängig machen? Kann ich das? Kann ich das? Will ich das? Ah, vielleicht werde ich gar nicht schwanger und alles wird gut.

Ich wurde schwanger. Schneller als wir dachten. Dezember. Weihnachten. Es begann eine aufregende Zeit. Plötzlich waren überall Mamis mit Kinderwägen auf der Straße, Mini-Kleidungen erschienen so süß, ich=Kugel sah soooo süß und Pooh war happy! Glücksmomente gemischt mit Angst.

Und dann kam die kleine Roo auf die Welt. Ein paar Tage zuvor habe mein letztes wichtiges wissenschaftliches Projekt abgegeben. Ein gutes Zeichen. Nun war Roo da und ich wurde schlagartig erwachsen. Das Leben spielte sich in einem permanenten „Zwischen-Zustand“ – zwischen Tränen und Freude, Glück und Traurigkeit, Energie und Antriebslosigkeit… Gewissensbisse. Depression. Medikamente. Roo wurde zu meinem ganzen Leben. Und meinem Lebensdrama.Mutter Kind Liebe


Hier geht es zum Teil II –> klick

lankEure Pia


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eattraincare

Wow, vielen Dank für deinen Post!! Ich kann gerade den ersten Teil so gut nachfühlen. Denn genau in dieser Lage bin ich momentan bzw nicht ganz. Kinder kann ich mir grundsätzlich vorstellen, aber ich sehe nicht, wo Platz dafür bleiben sollte. Zudem will mein Partner keine Kinder, was jeden weiterführenden Gedanken im Keim erstickt, weil es mich vermutlich nur unglücklich machen würde, weiter darüber nachzudenken 🙁
Es ist so schön zu lesen, wie du deine Bedenken bei Seite gelegt hast, wie du es geschafft hast, die Depression nach der Geburt zu überwinden und wie ihr jetzt ein ganz wundervolles Leben mit eurem kleinen Sonnenschein zu führen scheint. Sicher sind nicht alle Tage einfach, aber das gehört einfach dazu.
1000 Dank nochmal für diesen persönlichen Einblick. Liebste Grüße,
Sarah

Tina Venezia

tolle geschichte , und tolle bilder 🙂
ich habe drei davon 🙂 eine pubertierende…2 mini versionen…. und abends bin ich fix und platt (bin alleinerziehend inzwischen) aber…. nichts ist unmöglich, was auch immer man für ziele hat…sie werden steiniger aber nicht unmöglicher zu erreichen 🙂 …und dinge die einem davor als ziel erschienen…können später rückwirkend betrachtet soo banal erscheinen 🙂

Tina Venezia

danke 🙂 meine kinder sind 15 , 9 und der jüngste wird nun im juni 8 🙂
abends müde…hmm ich arbeite derzeit in der gastronomie…natürlich nachts 😉
tagsüber sind, hausaufgaben,ergotherapie, sportvereine uswusw drann… da ist keine *zeit* zu arbeiten ..
so verschiebt sich die rückkehr in den beruf von jahr zu jahr, aber jedes jahr aufs neue zieh ich den hut vor den tagsüber arbeitenden mamis… mein tag hat dazu zu wenig stunden…
aber retinol, hyaluron und vitamin c sei dank….. müssen kurze nächte nicht umbedingt an der haut abgelesen werden, richtig 😉
dennoch war ich bis vor kurzem auch der meinng das die ersten 2 babyjahre die anstrengensten waren…
…bis zum tage… als meine tochter die pubertät mit heimbrachte..
ich bin gespannt auf deinen blog eintrag in 15 jahren 😉

gwenhwyfar10

Das ist so toll geschrieben – ich freue mich schon sehr auf den zweiten Teil morgen. Als eine Frau die da auch immer Zwiespalten ist.

Martina

Danke Pia, für Deinen schönen, so ganz anderen Post! ( Dabei warte ich schon auf die Reihe über Reinigung 😉 Aber so habe ich den ganzen Tag immer wieder darüber nachdenken müssen, was Du geschrieben hast und das war auch sehr schön und berührend. Bei mir war es auch ein kleines bisschen so. Zu Abizeiten wollte ich etwas mit Sprachen machen, liebte Latein, Französisch, Spanisch; sah mich in schwarzen Rollkragenpullovern in Cafés sitzen und in intellektuellen Zirkeln diskutieren. Mit Kindern konnte ich nichts anfangen, hatte kein Interesse daran und keinen Wunsch.
Und heute, viele Jahre später, bin ich plötzlich Apothekerin, liebe diesen naturwissenschaftlichen Werdegang auch sehr, und bin Mama von zwei Jungs. Tue heute so grausliche Sachen wie Haushalt / Wäsche und Kochen und räume den halben Tag Fußbälle hinter Sofas auf. Ich weiß gar nicht so genau wie das kam, aber mit Mitte 30 wußte ich plötzlich, ich will Kinder. Und ich bin äußerst glücklich darüber.
Was mir nur schon seit ihrer Geburt zu schaffen macht, ist dieses Gefühl, nie mehr allein zu sein, soviel Verantwortung zu tragen. Ich könnte so unendlich viel verlieren. Irgendwo habe ich mal gelesen, wenn man Mama ist, muss man damit klarkommen, dass das eigene Herz draußen spazieren geht ( oder so ähnlich). Und das drückt mich manchmal sehr, diese Angst um die beiden, bei aller Überforderung und bei allem Stress.
Das war von Anfang an da, dieses Gefühl, von nun an niemals mehr richtig zur Ruhe zu kommen.
Ich freue mich schon auf den zweiten Teil Morgen und grüße Dich lieb,
Martina

Claudia

Liebe Pia,
ein sehr schöner Beitrag, ich freue mich immer auch persönliche Dinge zu lesen. Ich habe dein Blog erst vor ein paar Wochen via Instagram entdeckt und schaue seitdem regelmäßig vorbe! Zum Thema: Ich bin 26 und ein Kind zu haben, kann ich mir jetzt noch nicht vorstellen. Will ich doch noch die Welt sehen und im Job was erreichen.
Liebe Grüße aus Frankfurt
Claudia

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